Die Menschenrechte sind unverrückbar
Zu „Ein Messermord und viel Heuchelei“(SN vom 11. 2.):
Sehr geehrter Herr Koller! Eigentlich bin ich von Ihnen differenziertere Sichtweisen gewohnt, als Sie in diesem Artikel an den Tag legen. Sie nehmen also wirklich an, dass Menschen (ich gehöre dazu), die gegen die Abschiebung gut integrierter Familien und gut integrierter Personen auftreten, aufgeschrien hätten, wenn man einen Gewalttäter, der den Behörden bereits als solcher bekannt war und deshalb kein Aufenthaltsrecht hatte, sofort in Haft genommen oder gleich abgeschoben hätte. Sie irren!
Vielleicht hätten die Behörden in diesem Fall ohnehin eine solche Möglichkeit gehabt und das Gesetz, das mit einer ganz anderen Zielrichtung geschaffen wurde, zu milde ausgelegt. Dieses Gesetz sollte diejenigen schützen, die nur deshalb inhaftiert wurden, weil sie den politisch Mächtigen nicht ins Gefüge passten, und unschuldig waren. Dass nun auch Verbrecher unter diesen Schutzschirm schlüpfen, kann bei entsprechender Abwägung der Umstände schon jetzt in vielen Fällen verhindert werden.
Es überrascht mich wirklich, dass Sie die Sichtweise von Kickl übernehmen, dem diese Differenzierung fehlt und der einfach so viele Menschen wie möglich abschieben will, der jungen Migranten/-innen die Berufsausbildung nicht gewährt und für den jeder Migrant ein potenzieller Gewalttäter ist.
Gerade Kickl hat ein Problem damit, Gesetze in ihrem Verhältnis zur gelebten Wirklichkeit richtig zu verstehen. Die Menschenrechte sind unverrückbar, aber wenn jemand Gewalt gegen seine Mitmenschen in welcher Form auch immer ausübt, verstößt er gegen die Menschenrechte und muss dafür zur Verantwortung gezogen und gegebenenfalls aus dem Verkehr gezogen werden. Einem Verbrecher gestehen die Menschenrechte nur ein faires Verfahren zu, nicht mehr. Dr. Lore Brandl-Berger 1130 Wien