Bau von Nord Stream ist möglich, aber riskant
Die Einigung auf strengere Vorgaben für Gasleitungen nach Europa lässt Fragen offen. Die Investoren halten sich daher noch bedeckt.
In der Nacht auf Mittwoch haben sich EU-Staaten, Parlament und Kommission auf strengere Auflagen für Gasleitungen zwischen Drittstaaten und Europa geeinigt. Zuvor hatten die 27 EU-Staaten vergangenen Freitag einen Kompromiss geschlossen, um die Reform der EU-Gasrichtlinie in Berlin und Paris nicht länger zu blockieren. Damit kann die zweite Pipeline für russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland durchgesetzt werden.
Was nun die Einigung für das Milliardenprojekt Nord Stream 2 bedeutet, war am Mittwoch unklar. Die Investoren – neben dem russischen Gasriesen Gazprom fünf europäische Energieunternehmen, darunter die BASFTochter Wintershall, die heimische OMV, die niederländische, Royal Dutch Shell und die französische Engie – wollten sich vorerst nicht äußern. Vonseiten der OMV hieß es, entscheidend sei „Rechtssicherheit für bereits getätigte und künftige Investitionen“. Nord Stream 2 sei wichtig für Europas Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit.
Genau die Rechtssicherheit ist für das Projekt aber weiter nicht gegeben. Laut der novellierten Gasrichtlinie gilt künftig EURecht auch für Pipelines aus Drittstaaten. Zwar ist für ein Projekt weiter das EU-Land verantwortlich, in dem eine Gasleitung in der EU ankommt. Für eine Ausnahme von den EU-Regeln – insbesondere der vorgeschriebenen Trennung von Gasversorgung und Pipelinebetrieb – braucht es aber die Zustimmung der EU-Kommission. Im Streitfall soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden.
Umgelegt auf Nord Stream 2 bedeutet das: warten auf die Zustimmung der EU oder fertig bauen, mit dem Risiko, dass am Ende die Gasleitung weniger profitabel ist.
Die deutsche EU-Mandatarin, Rebecca Harms, die für die Grünen mitverhandelt hat, sprach von einem wichtigen Schritt hin zu einer europäischen Energiepolitik. „Auch Gazprom wird sich in Zukunft an europäische Regeln halten müssen“, betonte sie. Berlin dürfe nicht länger versuchen, Nord Stream 2 an europäischen Regeln vorbei durchzusetzen und Sicherheitsinteressen anderer EU-Länder zu ignorieren. Speziell Polen, aber auch die EUKommission stemme sich gegen eine noch stärkere Abhängigkeit der EU von russischem Erdgas.
US-Außenminister Mike Pompeo hat die Ablehnung gegenüber Nord Stream 2 bekräftigt. Indes kündigte der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier an, man wolle mehr Flüssiggas aus dem Ausland kaufen, auch aus den USA.