Salzburger Nachrichten

Bau von Nord Stream ist möglich, aber riskant

Die Einigung auf strengere Vorgaben für Gasleitung­en nach Europa lässt Fragen offen. Die Investoren halten sich daher noch bedeckt.

- MONIKA GRAF

In der Nacht auf Mittwoch haben sich EU-Staaten, Parlament und Kommission auf strengere Auflagen für Gasleitung­en zwischen Drittstaat­en und Europa geeinigt. Zuvor hatten die 27 EU-Staaten vergangene­n Freitag einen Kompromiss geschlosse­n, um die Reform der EU-Gasrichtli­nie in Berlin und Paris nicht länger zu blockieren. Damit kann die zweite Pipeline für russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschlan­d durchgeset­zt werden.

Was nun die Einigung für das Milliarden­projekt Nord Stream 2 bedeutet, war am Mittwoch unklar. Die Investoren – neben dem russischen Gasriesen Gazprom fünf europäisch­e Energieunt­ernehmen, darunter die BASFTochte­r Wintershal­l, die heimische OMV, die niederländ­ische, Royal Dutch Shell und die französisc­he Engie – wollten sich vorerst nicht äußern. Vonseiten der OMV hieß es, entscheide­nd sei „Rechtssich­erheit für bereits getätigte und künftige Investitio­nen“. Nord Stream 2 sei wichtig für Europas Versorgung­ssicherhei­t und Wettbewerb­sfähigkeit.

Genau die Rechtssich­erheit ist für das Projekt aber weiter nicht gegeben. Laut der novelliert­en Gasrichtli­nie gilt künftig EURecht auch für Pipelines aus Drittstaat­en. Zwar ist für ein Projekt weiter das EU-Land verantwort­lich, in dem eine Gasleitung in der EU ankommt. Für eine Ausnahme von den EU-Regeln – insbesonde­re der vorgeschri­ebenen Trennung von Gasversorg­ung und Pipelinebe­trieb – braucht es aber die Zustimmung der EU-Kommission. Im Streitfall soll der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) entscheide­n.

Umgelegt auf Nord Stream 2 bedeutet das: warten auf die Zustimmung der EU oder fertig bauen, mit dem Risiko, dass am Ende die Gasleitung weniger profitabel ist.

Die deutsche EU-Mandatarin, Rebecca Harms, die für die Grünen mitverhand­elt hat, sprach von einem wichtigen Schritt hin zu einer europäisch­en Energiepol­itik. „Auch Gazprom wird sich in Zukunft an europäisch­e Regeln halten müssen“, betonte sie. Berlin dürfe nicht länger versuchen, Nord Stream 2 an europäisch­en Regeln vorbei durchzuset­zen und Sicherheit­sinteresse­n anderer EU-Länder zu ignorieren. Speziell Polen, aber auch die EUKommissi­on stemme sich gegen eine noch stärkere Abhängigke­it der EU von russischem Erdgas.

US-Außenminis­ter Mike Pompeo hat die Ablehnung gegenüber Nord Stream 2 bekräftigt. Indes kündigte der deutsche Wirtschaft­sminister Peter Altmaier an, man wolle mehr Flüssiggas aus dem Ausland kaufen, auch aus den USA.

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BILD: SN/BERND WÜSTNECK / DPA / PICTURED 250 der 600 km langen Pipeline sind schon verlegt.

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