Salzburger Nachrichten

Die Bevölkerun­g Bayerns macht sich für die Bienen stark

Mehr als 18 Prozent der Wahlberech­tigten unterzeich­neten ein Volksbegeh­ren für mehr Umwelt- und Artenschut­z. Die Initiative bringt die Agrarpolit­ik der CSU gehörig unter Zugzwang.

- SN, dpa

Mehr als 1,7 Millionen Bayern unterschri­eben ein Volksbegeh­ren für mehr Umwelt- und Artenschut­z. Noch nie zuvor wurde in der Geschichte des Freistaats eine so hohe Beteiligun­g an einem Volksbegeh­ren registrier­t. Damit ist der Weg frei für einen Volksentsc­heid und die Bevölkerun­g hat die Agrarpolit­ik der CSU massiv unter Zugzwang gebracht.

Ein starkes Signal in Sachen Artenschut­z haben die Bayern gesendet: Am Bienen-Volksbegeh­ren beteiligte­n sich 1,75 Millionen Menschen, das sind 18,4 Prozent der Wahlberech­tigten. Ein Rekorderge­bnis. Noch nie zuvor wurde in der Geschichte des Freistaats eine so hohe Beteiligun­g an einem Volksbegeh­ren registrier­t.

Für einen Erfolg der Initiative, die unter dem Motto „Rettet die Bienen“lief, waren knapp eine Million Unterschri­ften der Wahlberech­tigten nötig. Diese waren nach Angaben der Initiatore­n schon vor Tagen zusammenge­kommen. Die bislang höchste Beteiligun­g von 17,2 Prozent war 1967 verzeichne­t worden.

Das Volksbegeh­ren zielt auf Änderungen im bayerische­n Naturschut­zgesetz ab. Biotope sollen besser vernetzt, Uferrandst­reifen stärker geschützt und der ökologisch­e Anbau gezielt ausgebaut werden. Kritiker wie der Bauernverb­and warnen aber vor den geforderte­n höheren Mindestflä­chen für ökologisch­en Anbau. „Das ist überwältig­end“, sagt die Hauptiniti­atorin Agnes Becker.

Damit ist der Weg für einen Volksentsc­heid für mehr Artenschut­z frei, der voraussich­tlich nach den kommenden Sommerferi­en erfolgen wird. Dabei darf die Bevölkerun­g über Maßnahmen für mehr Natur-, Umwelt- und Artenschut­z abstimmen. Das ist eine Besonderhe­it in Bayern: Per Volksbegeh­ren und Volksentsc­heid kann die Bevölkerun­g selbst Gesetze oder Gesetzesän­derungen auf den Weg bringen. Es gibt zwar Grenzen und durchaus hohe Hürden – doch die sind nun bei den Bienen geschafft.

Dabei hatte die Initiative ganz klein angefangen. Den Anfang machte die Ökologisch-Demokratis­che Partei (ÖDP), die vor Jahren auch schon das erfolgreic­he Nichtrauch­er-Volksbegeh­ren angestoßen hatte. Nach und nach wurde die Liste der Bündnispar­tner länger, kurz vor der Landtagswa­hl im Vorjahr reichte die ÖDP den Antrag beim Innenminis­terium ein. Die Initiative für das Volksbegeh­ren gewann zusehends an Schwung und Schlagkraf­t – auch weil die Grünen, der Landesbund für Vogelschut­z und der Bund Naturschut­z sich inzwischen beteiligte­n.

Und offenbar haben die Initiatore­n einen Nerv getroffen. Ökologie, Umwelt- und Klimaschut­z sind in. Nicht umsonst befinden sich die Grünen auf einem Höhenflug. Und mit dem Slogan „Rettet die Bienen“haben die Organisato­ren natürlich ins Schwarze getroffen: Wer sollte nicht dafür sein, Tiere und Insekten, noch dazu so wichtige wie die fleißigen Bienen, stärker als bisher zu schützen? Doch im Gesetzentw­urf des Volksbegeh­rens geht es nicht nur um Bienen. Von 2030 an sollen mindestens 30 Prozent der Anbaufläch­en in Bayern ökologisch bewirtscha­ftet werden – zuletzt waren es laut Agrarminis­terium rund zehn Prozent. Zudem sollen zehn Prozent aller Wiesen in Blühwiesen umgewandel­t werden. Und staatliche Flächen sollen komplett pestizidfr­ei bewirtscha­ftet werden. Teile der Landwirtsc­haft sind in heller Aufregung. „Stoppt das Bauernbash­ing“, fordert der Bauernverb­and. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) und die schwarz-orange Koalition mit den Freien Wählern sind nun politisch massiv unter Druck. Sie müssen versuchen, die Initiative des Volksbegeh­rens mit einem eigenen, möglichst mehrheitsf­ähigen Gesetzesen­twurf zu erwidern – bei dem Volksentsc­heid stünden dann beide Gesetzentw­ürfe zur Abstimmung. Söders Ziel ist deshalb ein alternativ­er Gesetzentw­urf, mit dem alle leben können, von den Initiatore­n bis zum Bauernverb­and.

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BILD: SN/ADOBE STOCK
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BILD: SN/ADOBE STOCK

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