Beim Ökostrom fliegen die Funken
Was sich zwei SPÖ-Bürgermeister mit Biomasseanlagen in ihren Gemeinden nun wünschen würden. Was die ÖVP von der Aktion im Bundesrat hält. Und welche Forderungen die SPÖ im Parlament stellt.
Die Novelle des Ökostromgesetzes ist im Bundesrat gescheitert. Was sich zwei SPÖBürgermeister mit Biomasseanlagen in ihren Gemeinden nun wünschen würden.
„Gleich einmal an den Tisch mit allen.“ Erich Rohrmoser, Bürgermeister „Hätte gern andere Lösung gehabt.“ Erwin Eggenreich, Bürgermeister
INGE BALDINGER, MARIAN SMETANA UND ANDREAS KOLLER WIEN.
Zurück an den Start. Die SPÖ hat am Donnerstag wie angekündigt die Ökostromnovelle im Bundesrat zu Fall gebracht – und damit ein Vakuum bei der Förderung von Biomassekraftwerken geschaffen. Nicht wenige Betriebe hängen damit in der Luft. In den Gemeinden wird das mit Sorge beobachtet, auch in SPÖ-geführten. Nichtsdestotrotz kann so mancher Bürgermeister eine gewisse Art von Verständnis für die Genossen im Bundesrat aufbringen. Etwa Erich Rohrmoser, Ortschef von Saalfelden.
In der Pinzgauer Gemeinde ist ein großer holzverarbeitender Betrieb angesiedelt, der mit seinem Biomasseheizkraftwerk 15.000 bis 18.000 Haushalte mit Strom versorgen könnte, so Rohrmoser. Angesichts dieser Dimension würde er sich „sehr wünschen“, dass sich nun „alle gleich einmal an einen Tisch setzen und eine vernünftige Lösung zustande bringen“: Und das so schnell wie möglich, sagt Rohrmoser. Denn: „Jeder Betrieb ist für uns wichtig.“
Dass die SPÖ im Bundesrat bis zum Äußersten ging, führt der SPÖBürgermeister weniger auf den Inhalt der Ökostromnovelle als auf den Stil von Türkis-Blau zurück: Diese „Drüberfahrmentalität“sei nicht gut. Er, Rohrmoser, habe die Erfahrung gemacht, dass die besten politischen Lösungen immer dann zustande kommen, wenn man sich rechtzeitig bemühe, möglichst alle ins Boot zu holen – und zwar unabhängig davon, ob man auf ihre Zustimmung angewiesen sei oder nicht.
So sieht man das auch im oststeirischen Weiz. Die rund 11.600 Einwohner zählende Gemeinde bezieht aus zwei Biomasseanlagen rund 70 Prozent an Wärmebedarf für die Bürger und wirbt mit dem Slogan „Energie findet Stadt“. Eines der beiden Werke gehört der Gemeinde, das andere der Weitzer Ökoenergie GmbH. Die Biomasseanlage des Unternehmens Weitzer Parkett liefert neben Wärme auch Strom und wäre laut SPÖ-Ortschef Erwin Eggenreich somit langfristig vom Aus der Förderungen betroffen. „Aus kaufmännischer Sicht wird das in den kommenden Jahren wohl schwierig werden“, sagt der rote Weizer Bürgermeister. Auch wenn das gemeindeeigene Werk von der Ökostromnovelle nicht betroffen ist, richtet Eggenreich einen Appell an den Bundesrat: „Wir sind daran interessiert, dass auch die Wirtschaftspartner in der Gemeinde erfolgreich sind“, sagt er. „Deshalb hätte ich gern eine andere Lösung gehabt.“Ein Wunsch, der sich an alle Fraktionen richtet. „Zuerst ist die Regierung hier vielleicht zu forsch aufgetreten, aber trotzdem muss man zu einer Lösung kommen.“Nach einer solchen sieht es derzeit aber nicht aus. Und das ist der Kern des Problems: Die Erzeugung von Strom aus Biomasse ist aufwendig und muss mit öffentlichen Geldern subventioniert werden. Derzeit hängen 137 Anlagen am Subventionstropf. Die Förderung erfolgt über garantierte Strompreise, die über den marktüblichen Strompreisen liegen. Diese Unterstützung war befristet, man ging davon aus, dass die Kraftwerke im Lauf der Zeit marktfähig würden. Was aber noch nicht der Fall ist. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass die hohen indirekten Kosten, die die Energieträger Kohle, Öl und Gas verursachen, von der Allgemeinheit getragen werden. Sollte nicht rechtzeitig eine Ökostromnovelle beschlossen werden, ist bis zum Jahresende ein Drittel – konkret sind das 47 Biomassekraftwerke – vom Auslaufen der Förderfrist betroffen. Die wollte die Förderungen weiterfließen zu lassen.
Die SPÖ verwahrte sich insbesondere gegen den Vorwurf, mit ihrer Weigerung, der Förderung der Biomasseanlagen zuzustimmen, Kohle- und Atomstromimporte notwendig zu machen: Die 130 Biomasseanlagen in Österreich produzierten nur 3,4 Prozent des benötigten Stroms, heißt es in einem Argumentationsleitfaden der SPÖ-Parlamentsfraktion. Auch die von der Regierung behauptete Gefährdung von 6000 Arbeitsplätzen ließ die SPÖ nicht auf sich sitzen. Tatsächlich seien nur, je nach Berechnung, 120 bis 200 Arbeitsplätze direkt betroffen. Die ÖVP hingegen argumentiert, dass die Gesetzesnovelle existenziell notwendig sei: „Ansonsten müssen 47 Biomasseanlagen zusperren“, warnte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger zeigte sich enttäuscht von den SPÖ-Bundesräten. Sie hätten „Parteitaktik vor Klimaschutz und Arbeitsplätze“gestellt.
Die SPÖ will nun zurück an den Verhandlungstisch und stellt folgende Forderungen: Die Tarife müssen im Gesetz festgeschrieben werden – was laut ÖVP auch bisher nicht der Fall war; das Fördermodell solle nach Effizienz abgestuft werden; und einkommensschwache Haushalte sollten von der Ökoabgabe befreit sein – was laut Regierung ohnehin geplant sei. Des Weiteren fordert die SPÖ eine öffentliche Begutachtung der Ökostromnovelle. Eine solche ist bei der im Bundesrat Gescheiterten unterblieben.