Der „goldene EU-Pass“ist um 2,5 Millionen Euro zu haben
Der Verkauf von Staatsbürgerschaften blüht in Zypern. Doch nun ist der Staatspräsident ins Zwielicht geraten.
Der achtstöckige „Tower“der russischen Promsvyazbank in der zyprischen Hafenstadt Limassol erregt vor allem mit seinen grellen Farben Aufmerksamkeit. Das ansonsten wenig spektakuläre Gebäude wäre vermutlich niemals in die Schlagzeilen geraten, wäre es nicht von einem Schwiegersohn des zyprischen Präsidenten Nicos Anastasiades gebaut worden und hätte nicht einer der Hauptaktionäre der Bank, der russische Milliardär Viktor Pichugow, vor zwei Monaten die zyprische Staatsbürgerschaft erhalten.
Für die Opposition sind die Verflechtungen ein Fall von Vetternwirtschaft. Präsident Nicos Anastasiades (72) wies alle Anschuldigungen empört zurück und schlug die Bildung einer Untersuchungskommission vor. Bis zu seiner Wahl im Jahr 2013 war er als Anwalt tätig – und hatte auch Einbürgerungsanträge bearbeitet. Dann übertrug er das Geschäft seinen beiden Töchtern. 4800 Ausländer, mehr als die Hälfte von ihnen Russen, haben in den vergangenen Jahren die zyprische Staatsbürgerschaft – und damit das Bürgerrecht in der EU – erworben. Das Geschäft mit dem „goldenen EU-Pass“, der visafreies Reisen in 146 Länder garantiert, spülte fast fünf Milliarden Euro in die Staatskasse und trug maßgeblich zur Überwindung der Bankenkrise von 2014 bei. Die Ausstellung des begehrten Reisedokuments ist unkompliziert. Um die Formalitäten kümmern sich laut Medien 154 Rechtsanwälte und Notare. Die Antragsteller müssen mindestens 2,5 Mill. Euro in Immobilien investieren und dürfen die Objekte drei Jahre lang nicht weiterverkaufen. Für ein Investment von 400.000 Euro stellt die Mittelmeerrepublik ein „Residence Permit“aus, das zum visafreien Reisen in der EU sowie der Schweiz berechtigt.
Ein Anwalt, der seinen Namen nicht in den Medien sehen möchte, bezeichnet die Geschäfte mit dem „goldenen Pass“als „eine Winwin-Situation“: Die „Neu-Zyprer“ bräuchten nie wieder Visa beantragen und könnten sorgenfrei reisen. Die lokale Bauindustrie boome, was Arbeitsplätze schaffe und Steuereinnahmen einbringe. Dass darüber hinaus die Anwälte und Notare für Michael Wrase berichtet für die SN aus Zypern ihre Dienste fünfstellige Beträge verrechnen, bestätigt unser Gesprächspartner mit einem leichten Kopfnicken. „Alles, was wir tun, ist legal“, betont der Anwalt, der Kritik der EU am Geschäftsmodell „Staatsbürgerschaft gegen Geld“ barsch zurückweist. Sowohl die Regierung als auch die Anwälte würden die Antragsteller genau überprüfen. Und Zypern, betont der Anwalt lächelnd, verkaufe im Gegensatz zu Griechenland, Lettland, Portugal oder Malta seine Pässe nicht zu Schleuderpreisen.
Fragen bleiben dennoch offen. Auch im Fall des russischen Milliardärs – und zyprischen Neubürgers – Viktor Pichugow. Erhielten er und seine Ehefrau ihren „goldenen Pass“für den Bau des Promsvyazbank Tower oder für andere Investitionen? Und: In welcher der 154 Anwaltskanzleien hat der gebürtige Russe seinen Einbürgerungsantrag gestellt?