Strenge Strafen bringen ohne Prävention wenig
Für Therapiemaßnahmen bei familiären Gewalttätern fehlt laut Experten das Geld.
Die von der Bundesregierung geplanten Strafverschärfungen als Gewaltschutzmaßnahme werden in Fachkreisen weiter massiv kritisiert. „Eine Verschärfung des Strafvollzugs, ohne auf Prävention zu achten, funktioniert nicht“, betonte etwa Gefängnispsychologin Sandra Gaupmann bei einer von der Liste Jetzt organisierten Diskussion am Mittwochabend in Wien.
Die nötigen Ressourcen, um Tätern präventiv Therapiemaßnahmen für eine ausreichend lange Zeit zukommen zu lassen, fehlten allerdings, kritisierte Gaupmann, die in der Justizanstalt Stein tätig ist. Außerdem wäre es essenziell, Weisungen und Auflagen zu kontrollieren. Als „sinnlos“bezeichnete Birgitt Haller, Leiterin des Instituts für Konfliktforschung, die Strafverschärfungen – möglicherweise würden Frauen sich dann noch seltener trauen, ihre gewalttätigen Partner anzuzeigen.
„Delikte im Beziehungskontext sind völlig anders als solche ohne Beziehung zwischen Täter und Opfer“, erläuterte Klaus Priechenfried vom Verein Neustart Wien. Bei ersteren brauche es Angebote, die Täter und Betroffene erreichen. „Wir alle haben als Organisationen ein großes Problem: Wir erreichen die Opfer nicht.“Daher forderte er eine bessere Vernetzung zwischen den unterschiedlichen Einrichtungen sowie eine ausreichende Finanzierung. Eine Strafverschärfung bringe hingegen gar nichts. „Das ist keine Generalprävention, die zu Tätern durchdringt.“Die Strafverteidigerin Astrid Wagner sagte dazu: „Wenn sich jahrelang etwas aufstaut, lässt sich eine Gewalttat nicht einmal durch die Todesstrafe verhindern.“Vielmehr sollte in der Prävention angesetzt werden. In Hinblick auf Wiederholungstäter, die längere Haftstrafen abgesessen haben, ist sie überzeugt, dass auch die Nachsorge wichtig wäre, denn „die Leute verlernen im Gefängnis das Leben“.
Für eine „befristete In-VollzugSetzung“von Tätern und eine Krisenintervention für weggewiesene Männer sprach sich Neustart-Leiter Priechenfried aus. Als großes Problem sehen die Experten bestehende patriarchale Muster. „Es geht bei der Arbeit mit Tätern immer um Selbstwert, Scham und Gesichtsverlust“, erklärte Priechenfried. „Da ist man als Mann auch Vorbild. Wenn ein junger Mann zum Beispiel erkennt, dass man männlich reagiert, aber ohne Gewalt anzuwenden. Handlungsalternativen kann man erarbeiten.“