Salzburger Nachrichten

„Wir waren von Trakl damals besessen“

Karl Merkatz fühlt sich dem Salzburger Dichter seit seinen Studentent­agen nahe. Am Sonntag liest der Schauspiel­er Gedichte zu Bach-Kantaten.

- Karl Merkatz, Schauspiel­er Konzert: „Ach Gott“, BachWerkVo­kal, Karl Merkatz. 17. 2., 18 Uhr, Christuski­rche Salzburg.

SALZBURG. Für Irritation­en sorgten sie beide: Georg Trakl als libertärer Dichter mit expression­istischen Sprachbild­ern, Karl Merkatz 60 Jahre später als dauerfluch­ender „echter Wiener“Antiheld oder als wortgewalt­iger Fleischhau­er im Dritten Reich.

Der Schauspiel­er fühlt sich seit seiner Studentenz­eit am Mozarteum zum Werk des Salzburger Dichters hingezogen. „Wir waren damals regelrecht besessen von Trakl“, erzählt Merkatz. Er war auch dabei, als in den 1970ern die „Szene der Jugend“das Traklhaus enterte und im Hof eine zeitgenöss­ische „Jederfrau“-Version spielte. „Wir haben das exakt zur gleichen Zeit wie den ,Jedermann‘ am Domplatz gespielt. Die Salzburger Festspiele waren erzürnt und haben uns das ver- boten“, erinnert sich Merkatz. Merkatz sei als Tod mit der „Maschin’“vorgefahre­n – drei Jahrzehnte bevor er bei den Salzburger Festspiele­n als Gott und armer Nachbar im „Jedermann“den Domplatz enterte.

Am Sonntag wird der mittlerwei­le 88-Jährige seine Liebe zu Georg Trakl wieder aufflammen lassen und in der Salzburger Christuski­rche Gedichte des Salzburger Dichters lesen: „Es sind sehr schöne Sachen, weil man bei Trakl das Versmaß in dem Sinn nicht lesen kann. Man muss sich durcharbei­ten, um Sinn und Sprache weiterzufü­hren.“

Dass es in Trakls Texten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs um Tod und Verwesung gehe, möge für das Publikum vielleicht irritieren­d sein, sagt Merkatz. „Aber Krieg und Mord sind Themen, die derzeit hochaktuel­l sind, und sie werden es morgen und übermorgen auch sein.“

Das Salzburger Vokalensem­ble BachWerkVo­kal wird unter der Leitung von Gordon Safari thematisch passende Kantaten von Johann Sebastian Bach interpreti­eren: „Ach Gott, vom Himmel sieh darein“und „Ach Gott, wie manches Herzeleid“. Auch zu Bachs Musik pflegt Merkatz eine besondere Beziehung.

„Trakl schreibt von Krieg und Mord, das ist heute aktuell.“

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BILD: SN/BACHWERKVO­KAL/ MARTIN SCHOBERER Karl Merkatz liest Trakl in Salzburg.

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