Salzburger Nachrichten

Durch Nigeria an die Goldküste Westafrika­s

Nigeria ist das Land der Straßenspe­rren. Wir passieren 121 „Roadblocks“. Ein schauriger Besuch beim Fort São Jorge da Mina aus dem Jahr 1482.

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Es ist nicht einfach, einen halbwegs sicheren Grenzüberg­ang zwischen Kamerun und Nigeria zu finden. Im Norden Nigerias wütet die Boko Haram und in den englischsp­rachigen Gebieten Kameruns ist ein Bürgerkrie­g ausgebroch­en. Die extrem schlechte Piste von Banyo nach Gembu ist für uns die einzige Möglichkei­t, die Grenze zu überqueren. Normale Pkw fahren hier nicht mehr. Auf der Seite Nigerias werden Steyr-Puch-Pinzgauer mit Allradantr­ieb zur Versorgung der Dörfer eingesetzt.

Geschlauch­t erreichen wir Banyo – nach 120 anstrengen­den Kilometern. Im einzigen Hotel des Ortes treffen wir eine Hochzeitsg­esellschaf­t. Herr Babangida hat seine neue Frau samt Freundinne­n auf einen Fruchtsaft eingeladen. Hakima ist seine vierte Frau und um 20 Jahre jünger als er. Aber das stört hier offenbar niemanden. Es ist hier für Männer nichts Außergewöh­nliches, bis zu vier Frauen zu haben. Nigeria ist das Land der „Roadblocks“. Gezählte 121 Straßenspe­rren passieren wir auf der Fahrt durch das bevölkerun­gsreichste Land Afrikas. Bei 101 Sperren werden wir durchgewin­kt – oder wir überhören die „Stopp“-Rufe und fahren einfach weiter. 15 Mal werden wir freundlich nach unserem Reiseziel gefragt. Vier Kontrollor­e verlangen Geld. Einer will unser Navi haben. Dazu kommt ein chaotische­r Verkehr. Des Öfteren rettet uns nur ein Sprung in den Straßengra­ben davor, die Reise als Kühlerfigu­r eines Lkw zu beenden.

Heil in Ghana angekommen, besuchen wir in Elmina das Fort São Jorge da Mina – die erste europäisch­e Festung an der Küste Schwarzafr­ikas. Mit einem dumpfen Knall schließt sich die schwere Eisentür hinter mir. Ich verbringe nur wenige Minuten allein in der Todeszelle. Aber viel intensiver kann man die grausame Geschichte, die mit der Befestigun­gsanlage verbunden ist, nicht erleben.

In dieser Zelle starben unzählige Sklaven, die sich gegen die Deportatio­n nach Amerika gewehrt hatten. Im Jahr 1482 wurde Fort São Jorge da Mina von den Portugiese­n errichtet und war der wichtigste Handelsund Militärstü­tzpunkt an der Goldküste.

Zuerst wurde mit Elfenbein, Gold und Pfeffer gehandelt. Anfang des 16. Jahrhunder­ts begann man mit dem lukrativen Geschäft des Sklavenhan­dels. Mehr als zehn Millionen Menschen wurden von Westafrika nach Nord-, Zentralund Südamerika verschlepp­t. Zigtausend­e wurden in Elmina – durch das Tor ohne Wiederkehr – auf die wartenden Transports­chiffe getrieben.

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BILDER: SN/PICHLER Die Portugiese­n errichtete­n Fort São Jorge da Mina – die erste europäisch­e Festung an der Küste Schwarzafr­ikas. Oben: Straßenspe­rre folgt auf Straßenspe­rre.
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Joe Pichler

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