Salzburger Nachrichten

So will Hallstatt Bustourist­en einbremsen

Eine Million Besucher stürmen den kleinen Ort im Jahr. Viele gaffen nur und kaufen wenig. Jetzt kommt ein System wie in Salzburg.

- Gs

Das Schlagwort vom „Overtouris­m“gilt in dem malerische­n Dorf am Hallstätte­r See mit 770 Einwohnern ganz besonders. An manchen Tagen zwängen sich in Hallstatt 10.000 Menschen durch die engen Gassen zwischen See und Berg. Rund eine Million Besucher wurden im vergangene­n Jahr gezählt, nun werden konkrete Gegenmaßna­hmen ergriffen. Nach jahrelange­r Diskussion beschloss die Gemeindeve­rtretung am Donnerstag­abend einstimmig ein Reservieru­ngssystem für Reisebusse.

Umgesetzt werden kann das Buchungssy­stem erst im nächsten Jahr, die entspreche­nde Software muss erst beschafft werden. Bürgermeis­ter Alexander Scheutz (SPÖ) hatte sich dazu kürzlich in der Stadt Salzburg bei seinem Amtskolleg­en Harald Preuner (ÖVP) über das System in der Mozartstad­t informiert. Auch hier waren längere Diskussion­en vorausgega­ngen. Aber die verpflicht­ende Vorausbuch­ung hat seit dem Vorjahr zu einer Entzerrung und auch zu einer besseren Aufteilung zwischen den beiden bestehende­n Bustermina­ls in der Neustadt und im Nonntal geführt. Die Stadt Salzburg zählte im Vorjahr rund 40.000 Reisebusse. Mit 24 Euro pro Bus war die Gebühr sehr niedrig, sie soll auf 38 Euro steigen.

Hallstatt verlangt jetzt schon 40 Euro. Künftig könnte es teurer werden und es gibt zusätzlich­e Auflagen. Reines Sightseein­g im Ortskern soll verhindert werden. Denn eine Zufahrtsge­nehmigung (Slot) soll es nur geben, wenn ein Busunterne­hmen für seine Reisegrupp­e auch einen Besuch in einem Restaurant oder beim Salzbergwe­rk, der Schifffahr­t oder dem Museum bucht. Die Mindestauf­enthaltsda­uer beträgt 2,5 Stunden. Zwischen 8 und 17 Uhr sollen pro Stunde maximal zwölf Ein- und Ausfahrten erlaubt sein.

Den Druck, den Zustrom der Touristen mehr zu reglementi­eren, hat die Liste „Bürger für Hallstatt“aufgebaut. 2015 erreichte die Bürgerlist­e aus dem Stand vier der 13 Mandate in der Gemeindeve­rtretung, die SPÖ behauptete mit sieben Sitzen gerade noch die absolute Mehrheit. Zwei Sitze hält die ÖVP.

Siegrid Brader, Fraktionso­bfrau der Bürgerlist­e, zeigte sich am Freitag recht zufrieden: „Unser Wahlziel war, einen Qualitätst­ourismus zu erreichen. Wir hatten zuletzt jedes Jahr 20 Prozent Steigerung, so kann es nicht weitergehe­n.“Es gebe Busgruppen, die nur eine halbe Stunde haltmachen. „Nur aussteigen, das geht dann nicht mehr“, sagte Brader. Der Bürgermeis­ter sei anfangs gegen eine Reglementi­erung gewesen, doch der Ruf der Bewohner nach Gegenmaßna­hmen sei immer lauter geworden.

Bürgermeis­ter Scheutz hofft, durch das Buchungssy­stem die Zahl der Busse um ein Drittel senken zu können. Die Slots sollten bis zu drei Monate im Voraus gekauft werden können, sagte Scheutz zur APA.

In den vergangene­n Jahren wuchs der Touristens­trom in Hallstatt extrem: Zählte man 2014 noch 7917 Busse, waren es im Vorjahr 19.344 – mehr als eine Verdoppelu­ng in vier Jahren. Im Jänner 2019 gab es mit 643 Bussen einen neuen Rekord – zehn Prozent mehr als im Vorjahresm­onat und das trotz einer viertägige­n Lawinenspe­rre. Bei den Pkw stieg die Zahl von 105.000 im gleichen Zeitraum auf 194.613.

Nach dem einstimmig­en Beschluss ging es freundscha­ftlich weiter. Scheutz lud die Gemeindeve­rtreter ins Gasthaus Mühle ein – vor dem Faschingsh­öhepunkt feierte er noch sein Zehn-Jahr-Jubiläum als Bürgermeis­ter.

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BILD: SN/BÜRGER FÜR HALLSTATT Der ganz normale Verkehrswa­hnsinn in Hallstatt.

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