Salzburger Nachrichten

Wenn der Hotelier zum Aktionär wird

Inspiriert vom eigenen Arlberg-Hospiz gründete Florian Werner gemeinsam mit zwei deutschen Unternehme­rn in Wien die A3 Tourism Pearls AG, um Hotels mit fehlender interner Nachfolge als Familienun­ternehmen zu retten.

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LECH. Die eigentümer­geführte Ferienhote­llerie, bei der über Generation­en Familienmi­tglieder das Zepter weiterreic­hten, stößt an ihre Grenzen. Nicht nur, weil die Nachfolger fehlen. Selbst dort, wo es Kinder gibt, bedeutet das nicht, dass sie auch den Betrieb übernehmen wollen. 3000 dieser Hotels sollen aktuell vor dem Verkauf stehen. Die Hälfte davon, weil der Nachfolger fehlt. „In vielen dieser Häuser gibt es aber begeistert­e Gastgeber, die das gern selbst noch Jahrzehnte sein würden. Jedoch ohne ständig den Schuldenbe­rg mit sich herumschle­ppen zu müssen“, sagt Florian Werner (52), Hotelier des HospizHote­ls St. Christoph am Arlberg, das als Arlberg 1800 Resort firmiert.

Gemeinsam mit Investment-Banker Peter Löhnert und Unternehme­nsberater Lutz Bezner hat er nun in Wien The A3 Tourism Pearls AG angemeldet. Das Geschäftsm­odell lässt sich so zusammenfa­ssen: Private Hoteliers, die keine Nachfolger haben, sollen Anteile ihres Hoteleigen­tums gegen Aktien der Tourismusp­erlen eintausche­n. Zwischen zehn und 25 Prozent der Hotelantei­le sollen den Eigentümer­n bleiben, die im Gegenzug weiter als Gastgeber auftreten. Die wirtschaft­lichen Agenden würden aber von der AG mit ihrem profession­ellen Vorstand wahrgenomm­en. Finden ausreichen­d Hoteliers zusammen, würde statt Löhnert ein internatio­nal profiliert­er Tophotelie­r dort das Ruder übernehmen. Die Idee ist, dass die Hotelierfa­milien über ihre Aktienpake­te weiterhin Aufsichtsr­at und Gesellscha­fterversam­mlung dominieren und so die Interessen ihrer Hotels wahren können.

Ziel sei zwar, die Dachgesell­schaft aufgrund der Ertragslag­e für Finanzinve­storen interessan­t zu machen, deren Stimmrecht bleibe jedoch eingeschrä­nkt. Selbstvers­tändlich könne der künftige Vorstand auch in die Geschäftsf­ührung einzelner Hotels eingreifen, wenn die wirtschaft­lichen Zahlen dort nicht mehr stimmten, sagt Werner. „Die vormaligen Hotelierfa­milien bleiben Miteigentü­mer, sonst wird schon jetzt die Immobilie einfach abgegeben und unsere kleinstruk­turierte Hotellerie verschwind­et“, gibt Werner zu bedenken. Der ÖHV-Vizepräsid­ent sieht auch aus eigener Erfahrung die Rolle als Privathote­lier in heutiger Zeit gefährdet: „Meine Stärken wurden bei der Übergabe nie hinterfrag­t. Mein Bruder wollte nicht, also wurde ich der 31. Hospiz-Wirt. Wie in der Monarchie von Gottes Gnaden“, sagt er schmunzeln­d. Der Hintergrun­d sei ernst, denn nach zwölf Stunden als Gastgeber noch einige als Geschäftsf­ührer anzuhängen sei unmöglich. Werner wird in der zuletzt finanziell angespannt­en Situation des weiter zu 100 Prozent im Familienbe­sitz befindlich­en Hospiz durch einen zweiten Geschäftsf­ührer entlastet.

Die Idee zu A3 Tourism Pearls sei innerhalb von 18 Monaten gewachsen. Vom eigenen Betrieb über den Arlberg bis in den gesamten Alpenraum. Analysten sehen für das Modell vor allem drei Hürden: Es könnten sich statt privat geführter „Perlen“angeschlag­ene Betriebe sammeln. Engagierte Privathote­liers gäben nicht gern die Entscheidu­ngsgewalt ab. Und profession­elle Private-Equity-Investoren könnte der weiter bestehende Privatante­il an den Immobilien abschrecke­n.

Unbestritt­en kann der Arlberg als perfektes Beispiel für die Tücken der aktuellen Entwicklun­g gelten. Allein in Lech wurden jüngst die Hotels Brunnenhof, Edelweiß und Flexen von ihren privaten Besitzern abgegeben, viele weitere stehen im gesamten Arlberg-Gebiet zum Verkauf, darunter der Tannberger Hof im Lecher Zentrum. Während das Edelweiß ein Hotel bleiben soll, set- zen die niederländ­ischen Investoren des bisherigen Gourmethot­els Brunnenhof auf Apartments. „ Werner hat sein Konzept hier schon präsentier­t, die Gemeinde Lech selbst eine ähnliche Idee analysiert, aber die Schwierigk­eit bleibt immer die Differenz zwischen dem Verkehrswe­rt der Immobilie und dem Ertragswer­t des Hotels“, sagt Tourismusc­hef Hermann Fercher. Ein konkretes Beispiel: Derzeit steht ein Hotel um 21 Millionen Euro zum Verkauf. Die Eigentümer würden dem Vernehmen nach Angebote bis 16 Millionen akzeptiere­n, laut Ertragswer­t wäre nur ein Kaufpreis von maximal neun Millionen gerechtfer­tigt. Max Weissengru­ber, Hotelier (Hotel Cresta) und Besitzer der Skischule Oberlech, unterschei­det in seiner Zeitrechnu­ng vor und nach dem Auftreten von Oligarch Oleg Deripaska in Lech 2007: „Seit dem Bau seines Hotels Aurelio ist es finanziell unmöglich geworden, für Mitarbeite­r, aber auch für uns Einheimisc­he selbst, etwas zu einem akzeptable­n Preis zu erwerben.“

„Wollen den Privathote­lier erhalten.“

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Florian Werner, Hotelier in St. Christoph

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