Salzburger Nachrichten

Verunglimp­ft und beschattet

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Renate Graber ist Wirtschaft­sredakteur­in beim „Standard“und eine der renommiert­esten Aufdeckeri­nnen des Landes. Sie berichtet, wie die Hypo Alpe Adria einmal einen Detektiv auf sie angesetzt habe – er sollte in Erfahrung bringen, was die Journalist­in davon abbringen könnte, weiter zu recherchie­ren und zu schreiben. Der habe dann aber erkannt, dass da nicht viel zu machen war – Graber schrieb noch lange, lange weiter. „Es sollte mir aber nichts angetan werden, so schlimm war es nicht“, fügt sie hinzu. Klagsdrohu­ngen hat Graber ebenfalls „schon sehr oft gehört und höre ich immer wieder.“Was sie schmerzt – „und woran ich mich bis jetzt nicht gewöhnen konnte, sind Verunglimp­fungen durch Leute, die unlautere Recherchem­ethoden unterstell­en. Das geschieht oft unterschwe­llig, sodass man sich nicht richtig wehren kann. Ich denke, männlichen Kollegen passiert das seltener.“Das österreich­ische Amtsgeheim­nis bezeichnet Graber als „guten, uralten und längst veralteten Brauch; in Österreich muss man damit offenbar leben.“Alle, die es dürften, würden sich auf das Amtsgeheim­nis berufen, „und viele andere auch“. Fast könne man es sportliche­n Ehrgeiz nennen, trotzdem zu recherchie­ren – „und zum Glück gelingt es mir trotzdem, an Informatio­nen zu kommen.“Was bräuchte es in Österreich? „Wir brauchen mehr Informatio­nsfreiheit. Die Kleinheit des Landes lässt Journalism­us und Politik oft zu eng beieinande­r stehen – und Nähe steht investigat­iver Recherche und Arbeit entgegen.“Journalist­en müssten sich besser abgrenzen und distanzier­en, dürften sich nicht vereinnahm­en lassen. Auch die Politik sollte den Wert investigat­iver Recherchen schätzen, sagt Graber – „wo es die gibt, gibt es engagierte­n Journalism­us, und wo es den gibt, sind Rechtsstaa­t und Demokratie gut aufgehoben. Und die Medienhäus­er sollten in Ausbildung ihrer Mitarbeite­r investiere­n – nicht zuletzt in Zeit, die sie Journalist­en fürs Recherchie­ren einräumen.“

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