Männer, die Steaks holden PURGER TORIUM
Was, so fragt man sich, was hat man früher ohne englische Ausdrücke gemacht? Man kann sich ein Leben ohne sie gar nicht mehr vorstellen. Ein Beispiel: Vor Jahren bürgerte sich bei Journalisten die Sitte (oder vielleicht auch Unsitte) ein, vor wichtigen politischen Sitzungen beim Saaleingang Posten zu beziehen, den eintreffenden Politikern nach Strauchdieb-Art den Weg zu verstellen und sie zu fragen, was bei der Sitzung denn so passieren wird.
Die älteren Kollegen rümpften ob dieser neuartigen journalistischen Mode die Nase und brummelten etwas von Wegelagerer-Journalismus. Heute, da würden sie sich wundern! Die Wegelagerei ist mittlerweile institutionalisiert und Gegenstand offizieller Einladungen. Die Politiker warten geradezu darauf, beim beschwingten Den-Saal-Betreten zum Stehen gebracht und um ihre Meinung gefragt zu werden. Von ihren Beratern lassen sie auf einen Zettel aufschreiben, was sie den Journalisten sagen sollen. Und einen schönen englischen Namen hat das Ganze auch bekommen. Es heißt jetzt Doorstep! Klingt doch gleich viel besser als Strauchdieberei, nicht wahr?
Ein zweites wichtiges Wort, von dem man sich wundert, dass man früher ohne es ausgekommen ist, lautet Stakeholder. Das ist – wie soll man es jetzt erklären – die Gruppe all jener Personen, die an einem gewissen unternehmerischen Vorgang Interesse hat. Wir Steuerzahler zum Beispiel sind die Stakeholder des Budgets. Man könnte natürlich auch schlicht sagen, wir sind die Betroffenen, aber das klingt eben lange nicht so beeindruckend wie Stakeholder.
Das Schöne an der Sprache ist, dass sie sich ständig wandelt und weiterentwickelt. So konnte man neulich in einer Presseaussendung der Regierungsparteien lesen, dass sie derzeit ein neues TaxiGesetz in Vorbereitung haben und dazu Gespräche mit allen Betroffenen führen. Konkret las sich das so: „Die Verhandlungen mit den Steakholdern verlaufen auf Hochtouren.“
Da sieht man wieder, woran die Regierung alles denken muss. Es könnte ja sein, dass auch Männer ein Taxi besteigen wollen, die eine Scheibe Fleisch in der Hand halten. Auch um ihre Anliegen muss sich die Politik kümmern!
Denn sonst könnte es passieren, dass einmal alle Stake- und Steakholder zum Doorstep kommen und das wäre dann für die Politiker das, was man früher eine Herausforderung nannte und jetzt als Challenge bezeichnet.
Eine Challenge ist auch, was Sandwich-Holder erleben, und zwar bei Come-togethers. Was das schon wieder ist? Nun, Come-together heißt heutzutage jede Zusammenkunft von mehr als zehn Personen, also zum Beispiel ein Abendempfang. Da stehen die Leute herum, halten in der einen Hand das Sektglas, in der anderen Hand den Teller mit den Brötchen, und stehen an: Wie sollen sie ohne dritte Hand ihre Brötchen essen? Eine echte Challenge.
Unmöglich ist es auch, bei solchen Come-togethers mit doppelter Handbelegung einen der anderen SandwichHolder zu begrüßen, denn der hat ja auch keine Hand frei. Deswegen hat sich seit Neuestem eine Unterart des Cometogethers entwickelt: das Meet and Greet. Dabei haben die Sekt- beziehungsweise Sandwich-Holder eine Hand frei (kriegen also entweder keine Brötchen oder keinen Sprudel) und können somit die anderen Together-Comers nicht nur meeten, sondern auch greeten, und zwar per Handshake.
Äußerst ungewöhnlich – um zum Anfang zurückzukehren – sind Handshakes übrigens beim Doorstep. Die Schreibblockund Bleistift-Holder haben dazu einfach keine Hand frei, und die politischen Verantwortungsholder keine Zeit, denn ein Doorstep ist eben kein Longing, sondern ein Briefing. Verstanden?