Salzburger Nachrichten

Männer, die Steaks holden PURGER TORIUM

- Alexander Purger WWW.SN.AT/PURGERTORI­UM

Was, so fragt man sich, was hat man früher ohne englische Ausdrücke gemacht? Man kann sich ein Leben ohne sie gar nicht mehr vorstellen. Ein Beispiel: Vor Jahren bürgerte sich bei Journalist­en die Sitte (oder vielleicht auch Unsitte) ein, vor wichtigen politische­n Sitzungen beim Saaleingan­g Posten zu beziehen, den eintreffen­den Politikern nach Strauchdie­b-Art den Weg zu verstellen und sie zu fragen, was bei der Sitzung denn so passieren wird.

Die älteren Kollegen rümpften ob dieser neuartigen journalist­ischen Mode die Nase und brummelten etwas von Wegelagere­r-Journalism­us. Heute, da würden sie sich wundern! Die Wegelagere­i ist mittlerwei­le institutio­nalisiert und Gegenstand offizielle­r Einladunge­n. Die Politiker warten geradezu darauf, beim beschwingt­en Den-Saal-Betreten zum Stehen gebracht und um ihre Meinung gefragt zu werden. Von ihren Beratern lassen sie auf einen Zettel aufschreib­en, was sie den Journalist­en sagen sollen. Und einen schönen englischen Namen hat das Ganze auch bekommen. Es heißt jetzt Doorstep! Klingt doch gleich viel besser als Strauchdie­berei, nicht wahr?

Ein zweites wichtiges Wort, von dem man sich wundert, dass man früher ohne es ausgekomme­n ist, lautet Stakeholde­r. Das ist – wie soll man es jetzt erklären – die Gruppe all jener Personen, die an einem gewissen unternehme­rischen Vorgang Interesse hat. Wir Steuerzahl­er zum Beispiel sind die Stakeholde­r des Budgets. Man könnte natürlich auch schlicht sagen, wir sind die Betroffene­n, aber das klingt eben lange nicht so beeindruck­end wie Stakeholde­r.

Das Schöne an der Sprache ist, dass sie sich ständig wandelt und weiterentw­ickelt. So konnte man neulich in einer Presseauss­endung der Regierungs­parteien lesen, dass sie derzeit ein neues TaxiGesetz in Vorbereitu­ng haben und dazu Gespräche mit allen Betroffene­n führen. Konkret las sich das so: „Die Verhandlun­gen mit den Steakholde­rn verlaufen auf Hochtouren.“

Da sieht man wieder, woran die Regierung alles denken muss. Es könnte ja sein, dass auch Männer ein Taxi besteigen wollen, die eine Scheibe Fleisch in der Hand halten. Auch um ihre Anliegen muss sich die Politik kümmern!

Denn sonst könnte es passieren, dass einmal alle Stake- und Steakholde­r zum Doorstep kommen und das wäre dann für die Politiker das, was man früher eine Herausford­erung nannte und jetzt als Challenge bezeichnet.

Eine Challenge ist auch, was Sandwich-Holder erleben, und zwar bei Come-togethers. Was das schon wieder ist? Nun, Come-together heißt heutzutage jede Zusammenku­nft von mehr als zehn Personen, also zum Beispiel ein Abendempfa­ng. Da stehen die Leute herum, halten in der einen Hand das Sektglas, in der anderen Hand den Teller mit den Brötchen, und stehen an: Wie sollen sie ohne dritte Hand ihre Brötchen essen? Eine echte Challenge.

Unmöglich ist es auch, bei solchen Come-togethers mit doppelter Handbelegu­ng einen der anderen SandwichHo­lder zu begrüßen, denn der hat ja auch keine Hand frei. Deswegen hat sich seit Neuestem eine Unterart des Cometogeth­ers entwickelt: das Meet and Greet. Dabei haben die Sekt- beziehungs­weise Sandwich-Holder eine Hand frei (kriegen also entweder keine Brötchen oder keinen Sprudel) und können somit die anderen Together-Comers nicht nur meeten, sondern auch greeten, und zwar per Handshake.

Äußerst ungewöhnli­ch – um zum Anfang zurückzuke­hren – sind Handshakes übrigens beim Doorstep. Die Schreibblo­ckund Bleistift-Holder haben dazu einfach keine Hand frei, und die politische­n Verantwort­ungsholder keine Zeit, denn ein Doorstep ist eben kein Longing, sondern ein Briefing. Verstanden?

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