Und wen werden Sie wählen?
In der Landeshauptstadt hat der Wahlkampf einige Fronten geklärt und viele neu aufgerissen – ein Kandidatencheck.
Die Landeshauptstadt, eine der schönsten Städte Europas, muss sich mit mittelmäßiger Politik begnügen. Das ergab jüngst – wieder einmal – eine Umfrage unter SN-Lesern. Nächsten Sonntag steht die nächste Wahl ins Haus. Wie ist die Ausgangslage? Was lehrte der Wahlkampf? Taugen die Kandidaten diesmal zu Überdurchschnittlichem?
Dem seit einem Jahr regierenden ÖVP-Bürgermeister Harald Preuner bescherten ausgerechnet seine Gegner den größten Trumpf im Wahlkampf. Dass eine Allianz aus SPÖ, Bürgerliste und Neos die Neutorsperre kurz vor der Wahl durchpeitschte, mobilisierte nicht nur Preuners Wirtschaftsflügel. Es gab dem Bürgermeister die Gelegenheit, sich als stabiler und kalkulierbarer Faktor zu inszenieren. Eine Qualität, die in der strukturkonservativen Stadt nicht zu unterschätzen ist. Preuner freilich moderiert, ohne inhaltlich viel zu sagen. Er ist kein strategischer Kopf, kein kraftvoller Anpacker – das ist seit jeher Preuners politische Schwäche. Dabei täte ein Gestalter dieser Stadt so unendlich gut.
SPÖ-Vizebürgermeister Bernhard Auinger hätte den Willen zum Macher. Und er hat wie Preu- ner ein passables erstes Jahr an der Regierungsspitze hinter sich. Doch Auinger kämpft nicht nur gegen den rechten Zeitgeist, der der SPÖ generell ins Gesicht bläst. Er kämpft auch mit sich selbst. Sein ehrenwerter Modernisierungskurs verwirrt die eigene Stammklientel, zu der viele Pensionisten gehören, mehr, als er diese begeistert. Dabei zeigen alle jüngsten Wahlen, dass es für die SPÖ lebenswichtig ist, die eigene Klientel zur Urne zu bringen. Doch am Neutor verließ Auinger dann vollends das politische Gespür. Da half er tatkräftig mit, dem politischen Gegner (neben der ÖVP speziell der Bürgerliste) Rückenwind zu verschaffen. Ihn selbst brachte es aber vor allem in Erklärungsnot. Immerhin hat die Causa spät, aber doch Auingers Kampfgeist entfacht. Auch weil er weiß, dass es im Fall einer zweiten Niederlage in kurzer Zeit für ihn auch parteiintern eng werden könnte.
Jenes Schlüsselthema, das für die SPÖ eigentlich auf der Hand läge – die galoppierenden Wohnungspreise –, macht ihr derweilen die grüne Martina Berthold streitig. Ihrem Parteikollegen Georg Willi, der mit einem fulminanten Wohnungs-Wahlkampf den Bürgermeistersessel in Innsbruck eroberte, kann sie aber nicht das Wasser reichen. Selbst die Stichwahl liegt für Berthold wohl außer Reichweite. Auch weil die Bürgerliste nach dem Endlosregime von Johann Padutsch an Abnützungserscheinungen leidet. Berthold ist aber zuzutrauen, neuen Schwung in die Stadtregierung zu bringen.
Apropos Schwung: Selten einen Politiker erlebt, der so charmant, frech und heiter gegen den politischen Absturz kämpft. Neos-Stadtrat Lukas Rößlhuber zeigt politisches Talent. Ob er gut beraten war, die Neutorsperre einzufädeln, steht infrage. Immerhin bauen die Neos auch auf eine wirtschaftsfreundliche bürgerliche Wählerschaft. Aber ein 25-Jähriger darf Fehler machen. Blöderweise können sich die Neos solche derzeit nicht wirklich leisten. Die Stadtpartei ist nach dem Wechsel von Barbara Unterkofler zur ÖVP völlig umgebaut und höchst fragil. Generell sind die Neos nach dem Hoch der letzten Jahre, das auch den Einzug in die Landesregierung bescherte, in den Mühlen des politischen Alltags angekommen.
FPÖ-Chef Andreas Reindl hat Rückenwind aus Wien und will jetzt Salzburg auf den „rechten Weg“führen. Dabei hatte er wenige Wochen vor der Wahl noch größte Not, intern einen gemeinsamen Weg zu finden. Es gab Ausschlüsse, Austritte, böse Worte – und mit der FPS kandidiert jetzt auch noch eine freiheitliche Abspaltung. Reindl fehlt es an Strahlkraft, die internen Schwächen zu überdecken. So setzt die FPÖ – no na – auf Sicherheit. Und schwingt sich zum Retter des Neutors auf. Im Finale gibt es dafür sogar neue Plakate. Die Blauen scheuen also keinen Aufwand, in Wahrheit geht es aber bereits um Schadensbegrenzung. Ihre einstige Hochburg bleibt wohl eine Problemzone.
Und der Rest? Kämpft ums politische Überleben. Christoph Ferch, ein Sinnbild für das bürgerliche Salzburg, muss um den Wiedereinzug kämpfen, nachdem sein Dauerthema Rehrlplatz an Brisanz verloren hat. Und
dann – noch ein Kuriosum dieser Wahl – treten gleich zwei linke Listen an. Hadwig Soyoye-Rothschädl (Die Linke) und Kay-Michael Dankl (KPÖ Plus) haben im ach so konservativen Salzburg einen denkbar schweren Stand – und konkurrenzieren sich jetzt um die rar gesäten Linksstimmen. Wobei Dankl im Wahlkampf wie Rößlhuber mit jugendlicher Frische und pointierten Ansagen auffiel. Aber Kommunisten im Salzburger Gemeinderat? Das gab es zuletzt 1962.
An Kandidaten mangelt es diesmal jedenfalls nicht. An neuen ambitionierten Ideen für die Stadt leider schon. Wie kann man die Jugend trotz hoher Wohnungspreise in der Stadt halten? Wie die Kultur in der Kulturhauptstadt fördern und beflügeln? Wie die städtebauliche Entwicklung voranbringen? Nichts Genaues weiß man nicht. Trotzdem geht es nächsten Sonntag um verdammt viel. Weil eine Richtungsentscheidung ansteht. Und weil diese Stadt die bestmögliche Politik verdient.