Salzburger Nachrichten

Gleiche unter Gleichen

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Meine Heldin ist die zweite Frauenbewe­gung. Ich bin 1974 zum Studium nach Innsbruck gegangen. Architektu­r – für eine junge Frau war das damals noch sehr ungewöhnli­ch. Im Lauf des ersten Studienjah­res dämmerte mir, dass es vielleicht nicht nur an mir persönlich liegen konnte, dass mir schien, meine Wortmeldun­gen wären nicht so interessan­t wie die der Kollegen, meine Fragen wären dümmer als die der Kollegen, ich wäre nicht so schlagfert­ig wie Kollegen.

Von meinen berühmten Vorfahrinn­en, die konkrete Vorbilder hätten sein können, wie Margarete Schütte-Lihotzky oder den Bauhaus-Architekti­nnen erfuhr ich erst sehr viel später.

Es dauerte daher ein bisschen, bis ich aus meiner Erstarrung aufwachte, nicht mehr Gleiche unter Gleichen zu sein. Ich schaute mich also nach „Gleichen“um und fand die zweite Frauenbewe­gung. In Innsbruck! Abonnierte die „Emma“ab der ersten Nummer und begann langsam damit, mein scheinbar persönlich­es Versagen auch als gesellscha­ftlich bestimmte, sogenannte Normalität zu erkennen.

Zurück im noch konservati­veren Salzburg und meinem berufliche­n Umfeld mit lauter kleinen Stararchit­ekten war mir diese Einstellun­g sehr hilfreich: Denn ich schaute dahinter und erkannte die systemimma­nenten Gründe hinter abwertende­n Äußerungen, dem selbstvers­tändlichen mich Übersehen und meinen Partner als „Herr Architekt“und mich als „Frau Spannberge­r“zu begrüßen.

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Ursula Spannberge­r

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