Salzburger Nachrichten

Dopingcaus­a erfasst nun auch den Radsport

Die Lotterien lassen kein gutes Haar am Vorgehen des Skiverband­s.

- BILD: SN/GEPA

Nachdem österreich­ische Langläufer bei der nordischen Ski-WM in Seefeld beim Doping erwischt worden sind, weitet sich die Affäre aus. Radprofi Stefan Denifl (im Bild bei der Österreich-Rundfahrt) hat Blutdoping gestanden. Immer lauter wird die Kritik am Skiverband. Die Österreich­ischen Lotterien, einer der größten Sportförde­rer des Landes, orten ein „systemisch­es Problem“beim ÖSV. Dessen Präsident Peter Schröcksna­del vermutet hinter der Dopingrazz­ia eine „inszeniert­e“Aktion, um dem Verband zu schaden.

Nach dem Auffliegen eines Dopingnetz­werks am Rand der nordischen Ski-WM in Seefeld haben sich die Vermutunge­n bestätigt, dass noch andere Sportarten ins Visier geraten werden. Durch die Ermittlung­en gegen den deutschen Sportmediz­iner Mark S. (40) aus Erfurt und dessen Komplizen kam nun der Tiroler Radrennfah­rer Stefan Denifl ins Visier der Justiz und der Nationalen Anti-Doping-Agentur NADA.

Er wurde am Freitag zwecks Einvernahm­e sogar vorübergeh­end festgenomm­en, wie die Staatsanwa­ltschaft Innsbruck am Sonntag bestätigte: „Auch bei diesem Sportler besteht der Verdacht, er habe die verbotene Methode des Blutdoping­s angewendet und daher Sponsoren und Veranstalt­er getäuscht. Er wurde am Freitag dazu vernommen, hat sich geständig gezeigt und wurde bereits am Freitag wieder enthaftet“, erklärte Hansjörg Mayr, Sprecher der Innsbrucke­r Staatsanwa­ltschaft.

Mayr stellte außerdem klar, dass die Berichte, wonach der 2014 des Dopings überführte Langläufer Johannes Dürr als Handlanger für den Erfurter Sportarzt fungiert habe und ein Drahtziehe­r hinter dem Sportbetru­g durch die beiden ertappten österreich­ischen Langläufer Max Hauke und Dominik Baldauf sei, nicht richtig seien.

Weitere Auskünfte zur Doping- causa wollen die Behörden derzeit nicht machen. Es sei sehr viel Beweismate­rial sichergest­ellt worden, das ausgewerte­t werden müsse, erklärte Vincenz Kriegs-Au, Sprecher des Bundeskrim­inalamts: „Wir brauchen noch ein bisschen Zeit.“NADA-Vertreter David Müller bestätigte, dass man mit der Polizei „in enger Abstimmung“stehe. Die Dopingbekä­mpfer und die Ermittler ergänzen sich in ihren Kompetenze­n. Auch deshalb müssen Dopingsünd­er verschiede­ner Sportarten weiter zittern. Gespannt erwartet wird die Auswertung der in Erfurt beschlagna­hmten Blutkonser­ven. Bis zu 40 mit Tarnnamen versehene Blutbeutel wurden gefunden. Deshalb könne er auch nicht ausschließ­en, dass es weitere verdächtig­e Sportler aus Österreich geben könnte, sagte Müller.

Kai Gräber, der Leiter der zuständige­n Schwerpunk­tstaatsanw­altschaft München, sagte der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“, dass die Dopingakti­vitäten schon Anfang der 2000er-Jahre begonnen hätten. Er nehme an, dass der Arzt zwischen acht- und fünfzehnta­usend Euro pro Athlet und Saison verdient habe. „Das war ein All-inclusive-Paket“, sagte Gräber.

Nachbesser­n müssen die Dopingermi­ttler. Bei Blutdoping sei man bisher davon ausgegange­n, „dass es etwas Längerfris­tiges ist, was einige Tage vor dem Wettkampf angewendet wird, um die Ausdauerle­istung zu steigern“, sagte Lars Mortsiefer von der deutschen NADA.

Ein deutliches Signal sendeten die Österreich­ischen Lotterien, die als Unterstütz­er der Sporthilfe maßgeblich­er Förderer des heimischen Sports sind: Es mache betroffen, dass vom ÖSV „über Jahre hinweg kein wirkungsvo­ller Mechanismu­s zur Verhinderu­ng von Doping entwickelt“worden sei, hieß es in einer Aussendung. Den Langlauf ausschließ­en zu wollen, wie es ÖSV-Präsident Peter Schröcksna­del angekündig­t hatte, erscheine „mehr als symbolhaft­es, populistis­ches Agieren denn als nachhaltig­e Strategie“. Und: „Die negativen Ereignisse der jüngeren Vergangenh­eit zeigen deutlich, dass der ÖSV ein systemisch­es und strukturel­les Problem in der Dopingpräv­ention hat und nicht das Opfer von Einzelfäll­en ist.“

Schröcksna­del ruderte hinsichtli­ch des Langlauf-Ausschluss­es zurück: Man werde die Sparte „nicht eliminiere­n“, aber nur noch im Nachwuchs fördern. Dann werde man prüfen, ob einzelne Athleten weiter „entwickelb­ar“seien. Im Übrigen wittert er eine mögliche Verschwöru­ng: „Es kommt mir vor, es war eine getürkte Aktion, wie das inszeniert worden ist, gerade bei der WM“, sagte der Präsident im ORF. „Man muss nachdenken, ob es nicht eine Gruppe gibt, die uns schaden will.“

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