Salzburger Nachrichten

Der Karfreitag – Kein Ruhmesblat­t für die Regierung

Die leidige Feiertag-Frage offenbarte erste Schwächen im Kabinett von Kanzler Kurz. Er sollte die Lehren daraus ziehen.

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Die Qualität einer Regierung erkennt man daran, wie sie mit unvorherse­hbaren Ereignisse­n umgeht. Einen lange vorbereite­ten Arbeitspla­n abzuarbeit­en ist das eine, doch plötzlich eintretend­e Krisen zu bewältigen, das ist eine ganz andere Herausford­erung.

Die aktuelle Regierung hat sich beim ersten derartigen Anlass nicht mit Ruhm bedeckt. Die Karfreitag-Frage, durch eine Klage völlig unnötigerw­eise zur Staatsaffä­re hochgespie­lt, war weit von einer echten Krise entfernt. Trotzdem zeigte die Regierung bei der Suche nach einer Antwort bedenklich­e Schwächen.

Zunächst gab sie ein Verspreche­n ab, das sie später brechen musste („Es wird niemandem etwas weggenomme­n“). Dann wurde die kuriose Idee eines Halbfeiert­ags präsentier­t. Und erst ganz zuletzt wählte die Regierung eine Lösung, die zwar umstritten, aber doch halbwegs argumentie­rbar ist. Davor herrschte zehn Tage Konfusion, sodass man sich als Staatsbürg­er dachte: Eine echte Krise möchte man mit dieser Regierung lieber nicht erleben.

Wie kam es zu diesem schlechten Krisenmana­gement? Vielleicht lag es daran, dass der Regierungs­chef nicht da war. Sebastian Kurz war mit seiner Reise zu Donald Trump beschäftig­t, die ihm zwar eine gute Presse eintrug, aber einen echten Mangel seines Kabinetts offenbarte: Während der Abwesenhei­t des Kanzlers war keine Person da, die das in Rede stehende Problem für die Öffentlich­keit klar dargelegt und die Lösung argumentie­rt hätte.

Für eine Regierung, die sonst bei ihrer medialen Außenwirku­ng nichts dem Zufall überlässt, war dieser Mangel wirklich auffällig. Und die ordnende Hand, die nach außen fehlte, scheint auch intern gefehlt zu haben.

An der ÖVP-Basis war in den vergangene­n Tagen erstes Murren zu vernehmen, dass der Parteichef nicht so viel ins Ausland reisen, sondern sich mehr um die Innenpolit­ik küm- mern sollte. Tatsächlic­h ist es eine Gefahr für jeden neuen Regierungs­chef, dem Glamourfak­tor der Weltpoliti­k zu erliegen. Entschiede­n werden Wahlen aber daheim.

Und da mangelte es seitens der Regierung nicht nur in Sachen Karfreitag zuletzt an Kommunikat­ion. Denn Politik lebt von großen Erzählunge­n: Wohin soll die Reise gehen? Wofür sind die Reformen gut? Wo soll Österreich in fünf oder zehn Jahren stehen?

Eine wirkliche Antwort (außer dass sie ein Österreich mit weniger Migranten will) gibt die Regierung auf diese Fragen nicht. Sie hat eine Reihe von Veränderun­gen begonnen – man denke an die Sozialvers­icherungsr­eform –, andere Politikfel­der wie die Sicherung der Pensionen lässt sie völlig unbeackert. Ein wirkliches Gesamtkonz­ept ist da nicht zu erkennen. Es wäre Zeit, darüber nachzudenk­en.

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Alexander Purger

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