Die Kushners sind Risiko für die Sicherheit
Der Geheimdienst CIA und die Bundespolizei FBI wollten Jared Kushner keinen Zugang zu den höchsten Staatsgeheimnissen geben. Präsident Donald Trump setzte sich über Bedenken hinweg.
WASHINGTON. Der Schwiegersohn des Präsidenten war den Sicherheitsbehörden von Anfang an nicht geheuer. Worin im Detail die Bedenken der für die Spionageabwehr zuständigen Beamten der Bundespolizei FBI und deren Kollegen beim Geheimdienst CIA bestanden, ist bis heute offiziell nicht bekannt. Aber sie waren groß genug, Jared Kushner, der den Titel eines Beraters des Präsidenten trägt, den Zugang zu höchsten Staatsgeheimnissen bis Mai 2018 zu verweigern. Mehrere mit der brisanten Angelegenheit vertraute Personen berichteten den US-Medien, vor allem die Auslandsund Geschäftsbeziehungen mit Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Russland hätten Anlass zur Sorge gegeben.
Israel: Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist ein enger Freund der Familie Kushner und hat als Gast einmal in Jareds Zimmer geschlafen. Die orthodoxen Kushners halten darüber hinaus millionenschwere Investitionen in Israel. Die israelischen Geheimdienste haben seit langer Zeit allergrößtes Interesse daran, geschützte Informationen der USA zu erlangen.
Russland: Massive Bedenken lösten die von Kushner verschwiegenen Kontakte zum ehemaligen russischen Botschafter in Washington aus. Erst nachdem die Medien darüber berichtet hatten, gestand er seine Gespräche mit Sergej Kisliak ein. So plante Kushner in der Übergangsphase der Präsidentschaften einen „Geheimkanal“nach Moskau. Jared und Ivanka Kushner wohnen in Washington direkt gegenüber einem Haus der russischen Botschaft, dessen Nutzung Fragen aufwirft.
Golfstaaten: Schließlich geht es um Geschäftsinteressen der Kushners am Persisch-Arabischen Golf. Es ist seit Langem bekannt, dass der Präsidentenberater dort versucht hatte, Kreditlinien für ein in Not geratenes Prestigeprojekt in Manhattan zu sichern. Kushner unterhält ein freundschaftliches Verhältnis zum Machthaber Mohammed Bin Salman, der nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste den Auftrag zum Mord am Publizisten Jamal Kashoggi erteilt hat.
Der damalige Justiziar im Weißen Haus, Donald McGahn, entschied im September 2017 aufgrund der ihm vorliegenden Informationen, Kushner nur eingeschränkten Zugang zu Staatsgeheimnissen zu gewähren. Damit durfte er etwa nicht das Briefing lesen, das jeden Tag für den Präsidenten von seinen Sicherheitsdiensten vorbereitet wird.
Der ehemalige Stabschef im Weißen Haus, John Kelly, ging nach dem Missbrauchsskandal um den Sekretär des Präsidenten, Rob Porter, noch einen Schritt weiter. In einem fünfseitigen Schreiben widerrief er im Februar 2018 alle vorübergehenden Zugänge zu klassifizierten Informationen im Weißen Haus. Davon betroffen waren auch Ivanka Trump und Kushner.
Beide beschwerten sich lautstark beim Präsidenten. Statt der Frage auf den Grund zu gehen, warum die Sicherheitsbehörden davon abrieten, seinem Berater den Zugang zu Staatsgeheimnissen zu geben, versuchte Donald Trump laut Medienberichten McGahn, Kelly und andere dazu zu bewegen, den Prozess zu beschleunigen.
Die „New York Times“berichtete nun unter Berufung auf vier Personen mit Kenntnis der Vorgänge im Weißen Haus exklusiv, dass Trump im Mai 2018 Kelly den Befehl erteilt habe, Kushner den Zugang zu allen Staatsgeheimnissen zu geben. Der Stabschef war so besorgt, dass er den Vorstoß Trumps in einem Memorandum festhielt. McGahn schrieb seinerseits eine Erinnerungsnotiz. Der Fernsehsender NBC berichtete exklusiv, nach dem Befehl Trumps an Kelly habe der für Sicherheitsfragen beim Personal zuständige Mitarbeiter des Weißen Hauses, Carl Kline, den Status Kushners geändert. Dabei habe er sich über die Empfehlung von Sicherheitsexperten hinweggesetzt.
Die neue demokratische Mehrheit im US-Repräsentantenhaus will den Ungereimtheiten auf den Grund gehen. Dabei dürfte diese Frage im Vordergrund stehen: Was waren die Sicherheitsbedenken zu Kushner?
„Ich habe niemals etwas mit dieser Angelegenheit zu tun gehabt.“