Was tun mit IS-Kämpfern?
Auf einem Facebook-Video behauptet ein mutmaßlicher IS-Kämpfer, der von einer kurdischen Miliz gefasst wurde, er stamme aus Wien. Solche Fälle stürzen die Staaten in ein Dilemma.
Kurdische Soldaten haben in Syrien angeblich einen österreichischen IS-Kämpfer festgenommen. Laut ORF kursiert auf Facebook ein entsprechendes Video, aufgenommen in einem Lager. Darin gibt ein junger Mann an, aus Wien zu sein.
Der Terrorismusforscher Thomas Schmidinger bezeichnet die Quelle des Videos im ORF als verlässlich. Es handle sich um einen Mann, dessen Familie ursprünglich aus der Türkei stamme. Seine Staatsbürgerschaft lasse sich noch nicht verifizieren. Er könnte der erste IS-Kämpfer aus Österreich sein, den die kurdischen Einheiten gefasst haben. Zirka 100 IS-Kämpfer aus Österreich dürften sich laut Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) noch in Syrien und dem Irak befinden.
Im Innenministerium hieß es am Sonntag, das BVT analysiere das Video. Es werde „versucht, die Angaben zu verifizieren“, sagte Ministeriumssprecher Christoph Pölzl am Sonntag. Dem Außenministerium lägen zu dem Video „derzeit keine gesicherten Erkenntnisse“vor, erklärte Ministeriumssprecher Peter Guschelbauer am Sonntag. Er verwies auch auf die „sehr eingeschränkten Möglichkeiten“in den syrischen Konfliktgebieten.
US-Präsident Donald Trump hatte vor rund zwei Wochen die europäischen Staaten aufgefordert, in Syrien gefangen genommene ISKämpfer aufzunehmen und vor Gericht zu stellen. Trump sprach von insgesamt rund 800 Personen. Die kurdisch-arabischen Einheiten in Syrien haben dem Irak nach Angaben von Ende Februar aus Bagdad 280 gefangen genommene Kämpfer der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“(IS) übergeben.
In Österreich hat sich die Regierungsspitze bisher sehr zurückhaltend dazu geäußert. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte erklärt, bei dem „komplexen Thema“werde es „keine Schnellschüsse geben“. Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Innenminister Herbert Kickl (beide FPÖ) hatten sich gegen die Rückübernahme von IS-Kämpfern ausgesprochen. „Wir werden ganz sicher nichts dazu beitragen, um Personen nach Österreich zurückzuholen, die sich an terroristischen Gräueltaten im Ausland beteiligt bzw. diese unterstützt haben“, so Kickl. Österreich ist aber nach dem Völkerrecht verpflichtet, Staatsbürger zurückzunehmen. Die Aberkennung der Staatsbürgerschaft ist nicht möglich, wenn die Betroffenen dadurch staatenlos werden.
Laut deutschen Regierungsangaben sitzen derzeit 42 ehemalige IS-Kämpfer mit deutschem Pass in Gefängnissen der Kurdenmiliz YPG. Gegen 32 davon laufen Ermittlungsverfahren. In 18 Fällen besteht ein Haftbefehl. Nun plant die Regierung in Berlin ein Gesetz, um wenigstens Doppelstaatsbürgern unter den Betroffenen den deutschen Pass abnehmen zu können.