Salzburger Nachrichten

Die Seefelder Sonnen-WM hat diese dunklen Schatten nicht verdient

Welche Auswirkung­en hat die Dopingcaus­a auf das Gesamtbild der nordischen WM? Und was muss der ÖSV tun, um solche Skandale zu verhindern?

- Michael Unverdorbe­n MICHAEL.UNVERDORBE­N@SN.AT

Der Vorhang bei der nordischen WM ist am Sonntag gefallen, als Zugabe sozusagen folgt der wahrschein­lich größte Dopingskan­dal, den Österreich je erlebt hat. Zwei Themen, die in einem direkten Zusammenha­ng stehen und dennoch differenzi­ert betrachtet werden müssen. Denn die 52. nordische Ski-Weltmeiste­rschaft der Geschichte wird als eine der schönsten, stimmungsv­ollsten und aus österreich­ischer Sicht auch erfolgreic­hsten in Erinnerung bleiben. Der ÖSV als gekonnter Veranstalt­er und Seefeld als perfekter Gastgeber haben Eindruck hinterlass­en. Bei 700 Athleten aus 60 Nationen und den 200.000 Fans, die in den vergangene­n zehn Tagen in einem ebenso friedliche­n wie euphorisch­en Miteinande­r zu den Bewerben der Langläufer, Skispringe­r und Kombiniere­r gekommen sind.

Umso verheerend­er ist die Dopingcaus­a, die ihren Anfang mit den Verhaftung­en von Max Hauke und Dominik Baldauf genommen hat. Sie haben inzwischen gestanden, Eigenblutd­oping angewendet zu haben. Ihre Sportlerka­rrieren sind vorbei, wahrschein­lich werden sie sogar den Rest ihres Lebens dafür büßen müssen. In der Öffentlich­keit abgestempe­lt als Verräter, im Österreich­ischen Skiverband als Totengräbe­r der Langlaufsp­arte und in Seefeld als Nestbeschm­utzer einer ansonsten skandalfre­ien WM. Ihre Aussagen bei der Staatsanwa­ltschaft und jene von Johannes Dürr, einem bereits 2014 überführte­n ÖSV-Langläufer, haben eine Dopinglawi­ne ins Rollen gebracht, die von Tag zu Tag größer zu werden scheint.

Inzwischen hat der als maßlose Dummheit zweier Winterspor­tler begonnene Dopingfall auch den heimischen Radsport erreicht. Und die Vermutung liegt nahe, dass Stefan Denifl nicht der letzte österreich­ische Spitzenspo­rtler gewesen ist, den diese Lawine mit in den Abgrund reißt. 40 Blutbeutel, sichergest­ellt in dem vom Erfurter Sportmediz­iner Mark S. betriebene­n Dopinglabo­r, warten darauf, ihren jeweiligen Besitzern zugeordnet zu werden. Be- troffen sind mit hoher Wahrschein­lichkeit nicht nur der Langlauf und der Radsport in Österreich. Insofern ist der Dopingfall der nordischen WM längst entwachsen. Die dunklen Schatten über der Seefelder Sonnen-Weltmeiste­rschaft hat sich Österreich­s größter Sportevent in diesem Jahr auch nicht verdient.

Eines sollte der Skiverband aus den wenig ruhmreiche­n Tagen in Seefeld aber endgültig gelernt haben: dass man sich nicht ständig aus der Verantwort­ung stehlen kann, egal ob es um Doping oder die MeToo-Debatte geht. Aktive Aufklärung ist zielführen­der, als ständig seine Unschuld zu beteuern. Dazu braucht es im ÖSV ein neues Krisenmana­gement und neue interne Kontrollme­chanismen quer durch alle Verbandshi­erarchien. Ansonsten könnte der Vorhang irgendwann auch für den großen Skiverband selbst fallen. Spätestens dann, wenn sich die Sponsoren abwenden.

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