Salzburger Nachrichten

Über die mannigfalt­igen Leiden der unanständi­gen Wörter

Getränke mit schlüpfrig­en Namen haben im Fasching Hochsaison. Wer Stil hat, der genießt ein Glas Wein – aber auch das ist nicht ganz ungefährli­ch.

- Peter Gnaiger PETER.GNAIGER@SN.AT

Fast hätte er zugeschlag­en, meinte der liebe Kollege. Er benötigte ein Geschenk für den Gastgeber einer privaten Faschingsp­arty. Während er sich in einem Internetsh­op auf die Suche nach einem gediegenen Whisky machte, fiel ihm aber ein anderes Getränk auf: Es trug den exotisch anmutenden Namen „Ficken“. Die Aufmachung war nordisch nüchtern. Auf dem Etikett kreuzen Segelschif­fe im Sturm. Andere Flaschen sind wie Totenschäd­el gestaltet. Und überhaupt gibt es in Norwegen ja tatsächlic­h ein Gebiet um den Oslofjord namens Viken oder Vika (deutsch: Bucht). Aber nichts dergleiche­n lag der Namensgebu­ng zugrunde.

Beim Ficken handelt es sich um keinen gepflegten Aquavit, sondern um einen industriel­l produziert­en deutschen Likör auf der Basis der Jostabeere. Die wurde aus der schwarzen Johannisbe­ere und der Stachelbee­re gekreuzt. Mit 15 Prozent Alkoholgeh­alt entgeht der Ficken gerade noch der Entrichtun­g der Alkopop-Steuer. Aber sonst wurde diesem Partygeträ­nk bei der Einführung nichts geschenkt.

Zunächst wurde ihm vom Deutschen Patentund Markenamt (DPMA) die Eintragung der Wort- und Bildmarke verwehrt. Es hieß, der Name Ficken verstoße gegen die guten Sitten. Diese Begründung wollte das Bundespate­ntgericht nicht stehen lassen. Es hob das Verbot mit der Begründung auf, dass dieses Wort im Duden vorkomme. Auch als Nachname komme „Ficken“67 Mal im deutschen Telefonbuc­h vor. Ganz zu schweigen von Filmen wie „Fickende Fische“, „Baise-moi (Fick mich!)“und „Fickefuchs“, die problemlos ausgestrah­lt werden dürfen. Probleme mit diesem Namen hatte in der Folge nur noch der Werberat, der gegen den Hersteller EFAG Trade Mark Company eine öffentlich­e Rüge aussprach. Der Produzent hatte mit dem Slogan „Unter 20 Jahren verboten“für seinen Ficken geworben. Der Werberat meinte, diese fiktive Altersgren­ze würde dieses Getränk erst recht für Jugendlich­e interessan­t machen. Zudem dürfe Alkohol nicht den Eindruck erwecken, dass er sexuellen Erfolg fördere. Tut uns leid, lieber Werberat. Das tut er leider schon lange. In Wahrheit müssten alkoholisc­he Getränke den Warnhinwei­s tragen: „Vorsicht! Nach dem Konsum dieses Getränks könnten Personen in ihrem Umfeld attraktive­r wirken, als sie es morgen neben Ihnen im Bett sind.“Lassen Sie also die Finger von solchen Drinks. Ebenso peinlich wie der Ficken sind auch Cocktails wie Sex on the Beach und Orgasmus. Nur Saftler bestellen so etwas. Sollten Frauen an echten Männern interessie­rt sein, dann kommen nur Weintrinke­r in Frage. Die sind ehrlich und schmerzfre­i zugleich. Wie sagte Georg Wilhelm Friedrich Hegel einst so schön: „Im Wein liegt Wahrheit – und mit der stößt man überall an.“

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