Salzburger Nachrichten

Und die Haftpflich­t?

Mit Tieren kann immer etwas passieren. Darum sind die meisten Bauern extra versichert. Auch jener aus Tirol.

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Das nicht rechtskräf­tige Urteil aus Innsbruck nach der tödlichen Kuhattacke lässt die Wogen weiter hochgehen. „Wenn das durchgeht, sind wir am Ende!“Das schrieben mir Bauern aus dem Bekanntenk­reis. Sie sind zutiefst verunsiche­rt, denn der Tiroler Landwirt muss nach dem erstinstan­zlichen Urteil Schadeners­atz leisten und für 490.000 Euro aufkommen.

Vom Niedergang der Almwirtsch­aft und dem Ende des Tourismus war bald die Rede. Und davon, wie unmöglich es sei, ganze Almen einzuzäune­n. Im Urteil aus Innsbruck stehen solche Forderunge­n nicht.

Es wird erklärt, dass die Tiere auf dem breiten und stark benützten Weg, der auch für Autos tauglich ist, schon vorher durch eine Gruppe mit vier Kindern und zwei Hunden sehr nervös geworden sind. Es wird auch erwähnt, dass im angrenzend­en Gasthof 220 Gäste Platz haben und ein besonders häufiges Zusammentr­effen von Mensch und Mutterkuh vorhersehb­ar gewesen sei.

Der Punkt ist aber: Man bekommt den Eindruck, als müsse der Tiroler Landwirt die Summe aus seiner privaten Tasche zahlen. Doch was ist eigentlich mit der Haftpflich­tversicher­ung, die er extra für so Unvorherse­hbares abgeschlos­sen hat? Muss nicht sie zahlen? Doch. Da sind sich die Experten einig. Aussteigen könnte die Versicheru­ng höchstens dann, wenn der Landwirt grob fahrlässig gehandelt hätte, was er aber nicht hat.

Der nächste Haken ist: Würde seine Versicheru­ng etwas zahlen, würde der Landwirt das als eine Art Schuldeing­eständnis sehen. Er fühlt sich aber unschuldig, darum geht die Sache weiter. Die getötete Frau hätte als kundige Tierhalter­in die Leine nicht um die Hüfte wickeln dürfen, schrieb das Gericht. Das war ihr einziges Fehlverhal­ten. Dann hätte sie den Hund schneller freilassen können. Sonst hat sie nichts gemacht.

Es ist also grundsätzl­ich fraglich, ob die Verschulde­nsfrage je geklärt werden kann oder ob man alles als tragisches Unglück bewerten muss. Vor diesem Hintergrun­d sei auch die Frage gestattet: Wäre es wirklich so schlimm, wenn sich der Bauer einen Ruck gibt und die Versicheru­ng in einem so seltenen und so speziellen Einzelfall wie diesem etwas für die Hinterblie­benen leistet?

Davon unabhängig: Aufklärung – speziell was Hunde auf Almen betrifft – ist wichtig und gut. Mit Hinweisen wie „Mitnahme von Hunden auf eigene Gefahr“ist es nicht getan, wenn die Menschen die Gefahr gar nicht kennen.

Allgemein gültige Verhaltens­regeln gibt es außerdem nicht. Ich kenne Hunde, die im Stress erst recht bei ihren Besitzern bleiben und sich hinter ihnen verstecken. So ist das mit Tieren. Jedes Tier ist anders. Kontakt:

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BILD: SN/TANJA WARTER Die meisten Kühe sind friedlich, die meisten Wanderer achtsam. Doch jetzt sind alle verunsiche­rt.
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Tanja Warter

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