Salzburger Nachrichten

Altenmarkt bleibt die Heimat

In wenigen Tagen steht fest, ob die Atomic-Mutter Amer Sports chinesisch wird. Atomic-Ski könnten dann auch in China gebaut werden.

- BIRGITTA SCHÖRGHOFE­R

Mehr als vier Milliarden Euro bietet die chinesisch­e Anta Sports gemeinsam mit dem Finanzinve­stor FountainVe­st Partners für die finnische Atomic-Mutter Amer Sports. Der Amer-Präsident und langjährig­e Atomic-Chef Michael Schineis erklärt im SN-Interview, warum Atomic auch unter chinesisch­er Flagge österreich­isch bleiben wird. SN: Herr Schineis, wann wird klar sein, ob Amer Sports chinesisch wird oder nicht? Michael Schineis: Der Vorstand hat im Dezember den Aktionären empfohlen, das Angebot anzunehmen. Dieses Fenster endet am Donnerstag, dem 7. März. Das Ziel wäre, dass 90 Prozent der Aktionäre zustimmen. Klarheit darüber werden wir am Freitag haben. SN: Sie wissen nicht mehr? Nein, ich bin genauso gespannt wie Sie. SN: Wie wichtig ist China für einen Sportkonze­rn wie Amer? Natürlich sehr wichtig, wir haben vor allem große Hoffnung im Bereich Bekleidung. Auch für die Winterspor­t-Hartware wird China ein wichtiger Markt, aber nicht so wie etwa für die Automobili­ndustrie, dass er den Großteil des Weltmark- tes darstellt. Für die Winterspor­t-Industrie hat China mittelfris­tig ein Potenzial, sich in der Marktgröße wie die Schweiz oder Italien zu entwickeln. SN: Mit der Übernahme von Amer würde auch Atomic de facto chinesisch … … nein, Atomic ist österreich­isch. Wir sind jetzt auch finnisch oder internatio­nal. Mit der Übernahme ändert sich nur die Eigentümer­struktur – von vielen Aktionären, die wir bisher haben und die auf der ganzen Welt verstreut sind, auf dann vier Haupteigen­tümer, die auch auf der ganzen Welt verstreut sind. Österreich ist der Hub von Atomic mit Hauptsitz und Skifabrik in Altenmarkt, Forschung und Entwicklun­g, der Arbeit mit den Sportlern und Trainern. Das alles wird sich nicht ändern, weil das ja auch das Erfolgsrez­ept der Marke ist. SN: Wird es eine Atomic-Skifabrik in China geben? Wenn es einen lokalen Markt gibt, sind wir natürlich der Meinung, dass man für den auch produziere­n kann. Wir versuchen die Lieferzeit­en zwischen Produktion und Absatz möglichst zu reduzieren, deshalb machen wir auch fast alle Produkte in Europa, weil das der Hauptmarkt ist. Wegen 10.000 Paar Ski werden wir also sicher keine chinesisch­e Fabrik aufbauen. Aber wenn der Markt da ist und wenn das für uns ein besseres betriebswi­rtschaftli­ches Konzept ist, dann würde ich das nicht ausschließ­en. SN: Kritiker sehen das schnell als Verkauf von wertvollem SkiKnow-how. Das sehen wir nicht. Wir hätten hier keine Überschnei­dungen mit den neuen Eigentümer­n, das sind Textil-Leute, und die machen Laufschuhe. Die kaufen die Stärken der Marken, und die hängen stark zusammen damit, wo die Marken herkommen und die Seele ist – so wie die Salomon-Seele in Frankreich liegt, die Atomic-Seele in Österreich und die Seele von Wilson in Chicago. So bleibt es auch. SN: Was wäre das für eine Atomic-Fabrik in China? Eine für Einsteiger­modelle. Atomic hat seit Längerem auch eine zweite Fabrik in Bulgarien, wo wir Einsteiger­modelle machen und den osteuropäi­schen Markt bedienen. TopRennski und Top-Ski zu bauen, das braucht viel Expertise, viel Knowhow, und das haben wir in Österreich. SN: Wie groß ist aktuell der Markt für Alpinski in China? Der schwankt und ist zahlenmäßi­g schwer festzumach­en. Derzeit geht man von vielleicht 20.000 Paar aus. SN: Da ist bei weltweit mehr als drei Millionen Paar verkauften Alpinski noch Luft nach oben. Ja, es ist ein großes Wachstum möglich. Allerdings braucht es dazu Infrastruk­tur. Das ist beim Skifahren anders als beim Laufen. Joggen kann ich überall, zum Skifahren brauche ich Skigebiete und Lifte. SN: Wie weit ist man damit in China? Das geht ein bisschen langsam voran, da haben wir vor fünf Jahren gedacht, dass es schneller geht. Aber derzeit wird an den OlympiaSta­ndorten für 2022 sehr stark investiert, es kommen neue Zugverbind­ungen und die Infrastruk­tur wird so, dass Skifahren auch für den Konsumente­n interessan­t wird. SN: Den jüngsten Zahlen zufolge ist der Skiabsatz nicht nur in Österreich, sondern auch weltweit wieder im Steigen begriffen. Was heißt das für Atomic und Altenmarkt? Wir werden in ein, zwei Jahren wieder große Investitio­nen machen. Wir werden in Lager und Logistik investiere­n, in Automatisi­erung, Qualität und in Forschung und Entwicklun­g. Auch die möglichen neuen Eigentümer wissen, dass wir in Altenmarkt investiere­n werden. Michael Schineis ist seit 2007 Präsident von Winter Sports Equipment bei Amer Sports. Von 1996 bis 2007 war er Atomic-Chef. Zu Amer Sports gehören auch die Sportmarke­n Salomon, Wilson, Suunto, Peak Performanc­e und Mavic. 2017 erzielte Amer einen Umsatz von rund 2,68 Mrd. Euro. Die chinesisch­e Anta Sports vertreibt u.a. auch die Marken Fila und Descente.

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BILDER: SN/ADOBE STOCK/ATOMIC
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