Städte Die sind anders
Rot, schwarz, grün: In den Landeshauptstädten wählen die Bürgerinnen und Bürger oft ganz anders als auf Landesebene. Das ergibt mitunter bunte politische Mischungen. Ein Überblick.
WIEN. Die Stadt Salzburg wird morgen, Sonntag, entweder ÖVP-Mann Harald Preuner oder SPÖ-Mann Bernhard Auinger zum Bürgermeister wählen. Ein Blick in die übrigen Landeshauptstädte zeigt, dass Kommunalwahlen dort mitunter unkonventionell enden.
Innsbruck
In der Tiroler Landeshauptstadt regierte lang eine ÖVP-Abspaltung namens „Für Innsbruck“(FI). Und auch andere politische Spaltprodukte prägen die Szene, sodass im 40-köpfigen Innsbrucker Gemeinderat heute nicht weniger als zehn Fraktionen vertreten sind, bis hin zu einsitzigen Listen, die Namen wie „Fritz“und „Ali“tragen. Seit der letzten Kommunalwahl sind die Grünen mit ihren zehn Sitzen die größte Fraktion, und auch der direkt gewählte Bürgermeister Georg Willi entstammt dieser im Rest des Bundesgebietes derzeit eher schwächelnden Partei. Willi hatte sich bei der Wahl gegen die amtierende FIBürgermeisterin Christine OppitzPlörer durchgesetzt. Zusammen hätten „Für Innsbruck“und die ÖVP zwölf Sitze und wären die stärkste Fraktion. Was ein Beleg dafür ist, dass Parteispaltungen meist den anderen Parteien nützen.
St. Pölten
Bemerkenswert ist die Lage in St. Pölten, der Landeshauptstadt des tiefschwarzen Niederösterreich. Die SPÖ, die auf Landesebene kaum eine Rolle spielt, hält hier den Bürgermeister, der sich im Gemeinderat auf eine deutliche rote Mehrheit (26 von 42 Sitzen) stützen kann. Zum Vergleich: Die ÖVP, ohne die auf niederösterreichischer Landesebene nichts geht, vegetiert in der Landeshauptstadt ihres Kernlandes mit neun Sitzen dahin. Bei der letzten Gemeinderatswahl konnte Bürgermeister Matthias Stadler die rote Mehrheit sogar noch ausbauen, was dazu führte, dass ihn seine Parteifreunde an die Spitze der Landes-SPÖ beriefen. Er legte diese zweifelhafte Ehre aber alsbald wieder zurück, und bei der darauffolgenden Landtagswahl durfte sich bereits ein neuer SPÖLandeschef, der ehemalige Polizeigeneral Franz Schnabl, seine Niederlage gegen Landesmutter Johanna Mikl-Leitner abholen.
Linz
Nicht unähnlich der niederösterreichischen Konstellation ist jene in Oberösterreich: schwarzes (bzw. schwarz-blaues) Land, rote Landeshauptstadt. Wobei die rote Mehrheit bloß eine relative ist. Die SPÖ stellt 20 der 61 Gemeinderäte, gefolgt von der FPÖ (16) und der ÖVP (12). Eine weitere Besonderheit: SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger ist, was kritische Anmerkungen in Richtung Bundes-SPÖ betrifft, ein zweiter Hans Peter Doskozil. Beispielsweise nannte Luger das noch von Parteichef Christian Kern konzipierte Parteiprogramm „an der Grenze zur Idiotie“. Kontroversen lösten Lugers Kontakte zur rechtsextremen türkischen Organisation „Graue Wölfe“aus; ebenso der Umstand, dass eine rot-blaue Koalition im Gemeinderat die Installation von „Stolpersteinen“für von den Nazis ermordeten Juden verhinderte. Linz wolle im Gedenken „einen eigenständigen Weg gehen“, argumentierte der Bürgermeister.
Graz
Die steirische Hauptstadt führt vor Augen, wie schnell eine einst dominierende Stadtpartei in der Bedeutungslosigkeit versinken kann, wenn sie nur die richtigen Fehler macht. In ihrer Hochphase, die freilich bereits 50 Jahre zurückliegt, kam die SPÖ hier auf mehr als 50 Prozent der Stimmen. Bei der jüngsten Gemeinderatswahl waren es nur noch kümmerliche zehn Prozent. Regiert wird die einst vom legendären roten Bürgermeister Alfred Stingl geprägte Stadt seit geraumer Zeit von ÖVP-Mann Siegfried Nagl, dessen Partei zuletzt knapp 38 Prozent erzielte. Ursache für den Absturz der Sozialdemokratie waren Streit, Spaltungen, Flügelkämpfe, Parteiausschlüsse. Es profitierte (neben der ÖVP) die KPÖ, die in Graz zweitstärkste Partei ist.
Klagenfurt
Die Landeshauptstadt ist ein Spiegel von Kärnten: Es dominieren Rot und Blau, die ÖVP schwächelt. Bürgermeisterin ist Maria-Luise Mathiaschitz. Bemerkenswert ist der Umstand, dass der mit 24 Dienstjahren (1973 bis 1997) längstdienende Bürgermeister in diesem ÖVPfeindlichen Biotop ausgerechnet ÖVP-Mann Leopold Guggenberger war. Aber das ist lang her.
Bregenz
Wenig Spektakuläres ist aus der Vorarlberger Hauptstadt zu vermelden: schwarz dominiertes Land, schwarz dominierte Stadt, schwarzer Bürgermeister. Das war aber nicht immer so. Von 1970 bis 1990 amtierten hier SPÖ-Bürgermeister. Doch von der roten Herrlichkeit ist wenig geblieben. Im Gemeinderat von Bregenz hält die SPÖ heute nur acht von 36 Mandataren. Noch trister sieht es im Landtag aus. Hier gibt es 36 Abgeordnete, von denen nur drei der SPÖ angehören.
Eisenstadt
In der burgenländischen Hauptstadt schließlich verhält es sich wie in Linz und in St. Pölten, nur umgekehrt: Hier haben wir es mit einem tiefroten Bundesland zu tun, das eine dank ihrer absoluten Gemeinderatsmehrheit ÖVP-dominierte Landeshauptstadt aufweist. Was mit dem Umstand zu tun haben mag, dass die kleine Hauptstadt (knapp mehr als 14.000 Einwohner) kaum größere Industriebetriebe aufweist.
Fazit: Es gibt bei Kommunalwahlen keine Erbpachten. Und keine „logischen“Ergebnisse.