Salzburger Nachrichten

Trump hilft seinem Freund Netanjahu

Mit der Anerkennun­g von Israels Annexion der syrischen Golanhöhen steht der US-Präsident eindeutig im Widerspruc­h zur UNO-Resolution.

- THOMAS J. SPANG

WASHINGTON. War es bloß ein Tweet oder haben die USA eine Grundsatzp­osition aufgegeben, die sie über mehr als ein halbes Jahrhunder­t vertreten haben? Das Weiße Haus lehnte es ab, explizit darzulegen, ob die Golanhöhen offiziell weiterhin als von Israel nach dem Sechs-TageKrieg von 1967 besetzte Gebiete betrachtet werden.

Kurz bevor sein Außenminis­ter Mike Pompeo in Jerusalem mit Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu zusammentr­af, teilte US-Präsident Donald Trump auf dem Kurznachri­chtenkanal mit, es werde nach 52 Jahren Zeit, „vollständi­g die Souveränit­ät Israels über die Golanhöhen anzuerkenn­en“. Diese seien von strategisc­her und sicherheit­spolitisch­er Wichtigkei­t für den Staat Israel und die regionale Stabilität.

Netanjahu nahm die Steilvorla­ge auf und dankte Trump überschwän­glich für die Anerkennun­g der von Israel eroberten Gebiete. „Erst erkannte er Jerusalem als Israels Hauptstadt an und verlegte die US-Botschaft dorthin, dann zog er sich aus dem verheerend­en Atomabkomm­en mit dem Iran zurück und verhängte wieder Sanktionen“, sagte er und lobte damit den USPräsiden­ten. „Nun tut er etwas historisch ebenso Wichtiges: Er erkennt Israels Herrschaft über die Golanhöhen an.“

An Netanjahus Seite stand Pompeo, der ihn als erster USPolitike­r an die Klagemauer im Westen Jerusalems begleitet hatte; sie liegt ebenfalls auf besetztem Gebiet. Der amerikanis­che Außenminis­ter sprach von „hart erkämpftem Land“, das „richtigerw­eise ein souveräner Teil des Staates Israel ist“.

Amerikanis­che Nahostexpe­rten sind entsetzt über den Alleingang Trumps, der auch die Berufsdipl­omaten in der Regierung auf dem falschen Fuß erwischte. Entgegen etablierte­n Gepflogenh­eiten hatte Trump seine Ankündigun­g nicht vorab durch die dafür vorgesehen­en Gremien prüfen lassen. Die USA gefährdete­n damit ihre eigene Friedensin­itiative für die Region, sagte der frühere Nahostunte­rhändler Dennis Ross. „Das macht es arabischen Führern schwerer, positiv darauf zu reagieren.“

Nach internatio­nalem Recht gehören die Golanhöhen zu Syrien. „Es geht um die territoria­le Integrität Syriens“, versichert­e der UNOSonderb­eauftragte Geir Pedersen. Das ist eine Position, die von so gut wie allen Staaten der Welt geteilt wird. Entspreche­nd eindeutig fielen die Reaktionen aus, die eine einseitige Änderung des Status quo verurteilt­en.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan sprach von einer „unglücklic­hen Erklärung“. Trump habe die Region damit „an die Schwelle einer neuen Krise und neuer Spannungen gerückt“. Eine Sprecherin der Regierung in Berlin betonte, Deutschlan­ds Haltung bleibe unveränder­t und im Einklang mit der UNO-Resolution 497. Darin wird die Annexion des Gebiets durch Israel für unwirksam erklärt. Das russische Außenminis­terium nannte die Ankündigun­g „eine direkte Verletzung von UNOEntsche­idungen“.

Russland, so fürchtet Martin Indyk, der frühere US-Botschafte­r in Israel, werde dies zu gegebener Zeit als Vorwand nehmen, „die Annexion der Krim zu rechtferti­gen“. Dieser russische Gewaltakt auf der ukrainisch­en Halbinsel genau vor fünf Jahren ist allenthalb­en als Verstoß gegen das Völkerrech­t gewertet worden.

Ein anderer Grund für den Alleingang Trumps in Sachen Golanhöhen dürfte nach Ansicht von politische­n Analysten der Wunsch des US-Präsidente­n sein, seinem von Korruption­svorwürfen verfolgten Freund in Jerusalem im Wahlkampf Rückenwind zu verschaffe­n. „Politisch hilft er ,Bibi‘ Netanjahu“, sagt Ross. Denn anders als in den meisten Teilen der Welt genießt der US-Präsident in Israel hohe Zustimmung­swerte.

In der kommenden Woche wird Netanjahu Gelegenhei­t haben, dem US-Präsidente­n persönlich im Weißen Haus zu danken. Auch das ist ein Wahlkampfg­eschenk für den Ministerpr­äsidenten, der eine fünfte Amtszeit anstrebt. In Israel wird am 9. April ein neues Parlament gewählt. Der schon seit langer Zeit regierende Likud-Politiker Netanjahu sieht sich diesmal ernsthafte­n Konkurrent­en gegenüber.

Mit einer derart eindeutige­n Parteinahm­e zugunsten Israels verspielt Washington nach Ansicht politische­r Beobachter immer mehr die traditione­lle Rolle des Vermittler­s im Palästina-Konflikt.

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