Salzburger Nachrichten

Die gepanzerte Gottheit ist nun einbalsami­ert

Eine Riesenschi­ldkröte wird in Vietnam wie eine Gottheit verehrt. Seit Kurzem kann man sie sogar in einem Museum besichtige­n.

- SN, dpa

Sie war der Liebling von Millionen Vietnamese­n: Cu Rua schwamm, zuletzt hochbetagt, im Hoan-Kiem-See (Schwertsee) im Zentrum der Hauptstadt Hanoi. Die Riesenschi­ldkröte wurde als letzter Nachkomme der Schildkröt­engottheit Kim Qui verehrt. Groß war der nationale Schock, als man das Tier im Jänner 2016 tot aus dem See zog. Seit wenigen Tagen ist Cu Rua in Hanoi ausgestell­t – einbalsami­ert.

„Cu Rua war so wichtig für die vietnamesi­sche Kultur, weil sie für den Schutz unseres Landes gegen Angreifer stand“, erklärte der Biologe Ha Dinh Duc. Der Legende nach sollten die Schildkröt­en auf dem Grund des Hoan-Kiem-Sees ein magisches Schwert bis zu dem Zeitpunkt bewachen, an dem Vietnam erneut verteidigt werden muss.

Welcher Art Cu Rua angehörte, ist umstritten. Duc und andere vietnamesi­sche Biologen sind der Ansicht, die Schildkröt­e habe zu einer Art gehört, die nur im Hoan-KiemSee vorkomme. Internatio­nalen Wissenscha­ftern zufolge handelt es sich bei dem sagenumwob­enen Tier dagegen um eine Jangtse-Riesenweic­hschildkrö­te, von der nur noch vier überlebend­e Exemplare bekannt sind.

Die Todesnachr­icht sorgte seinerzeit landesweit für Trauer. In den sozialen Netzwerken wurde ihr Ableben als schlechtes Omen für den anstehende­n Führungswe­chsel innerhalb der kommunisti­schen Regierungs­partei gedeutet. „Ich fühle mich leer. Meine Kinder und Enkel werden die Schildkröt­e nur noch als Legende kennenlern­en“, lautete ein Kommentar. Doch die Trauer ist gewichen. Seit Cu Rua einbalsami­ert hinter Glas auf einem roten Polster ruht, lassen sich viele Vietnamese­n mit der verblichen­en Gottheit ablichten.

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BILD: SN/MANAN VATSYAYANA / AFP / PICTUREDES­K.COM Ein Selfie mit Cu Rua ist derzeit in Hanoi überaus angesagt.

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