Fast 70 Jahre alt, üppig und humorvoll
Die zarten Zwischentöne kann er, auch die üppigen Figuren hat er gespielt: Hanno Pöschl beim Filmfestival Diagonale.
Ein Schiff wird kommen. An Bord wird der schöne Matrose Querelle sein, der seinen Bruder Robert vermisst. So beginnt „Querelle“, der letzte Film von Rainer Werner Fassbinder, der noch während der Fertigstellung im Sommer 1982 starb. Es ist die hocherotische Verfilmung eines Romans von Jean Genet. Es passieren Morde, und noch viel dramatischer: Es passiert die Liebe, vor allem unter Männern, explizit und leidenschaftlich. Der Bruder des Matrosen ist Liebhaber der Bordellchefin (Jeanne Moreau), und er wird gespielt von einem betörenden jungen Wiener namens Hanno Pöschl. In einer zweiten Rolle spielt Pöschl den Gangster Gil, der zum Geliebten des Matrosen wird, reizvolle Auseinandersetzung mit dem Sujet der Bruderliebe.
Dieser schillernde „Querelle“ist Herzstück der Reihe „Zur Person“, die das Filmfestival Diagonale heuer dem stilprägenden Schauspieler Hanno Pöschl gewidmet hat, dem ewigen Strizzi und charmanten Halbweltler. In Wahrheit ist es eine typische Rolle: Das FleischlichSinnliche war Hanno Pöschl immer nah. „Ich habe früh erkannt, dass Kochen meine Leidenschaft ist“, sagt er nach der Wiederaufführung des Films. Inzwischen ist er fast 70 Jahre alt, üppig, humorvoll. Pöschl ist ein begeisterter Wirt und Kaffeehausbesitzer, der seit Jahren nicht mehr schauspielt. Warum? „Ich bin nicht so gut darin, wie ich es erwarte von jemandem“, sagt er. „Ich bin irgendwann draufgekommen, es geht nix weiter mit mir. Und dann muss das auch a End haben.“
Vielleicht ist es Koketterie, vielleicht ist nur die andere Leidenschaft wichtiger geworden. „Was ich gemacht habe, hab ich gern gemacht, in der Küche, vor der Kamera, auf der Bühne“, sagt Hanno Pöschl. Möglicherweise lag es auch daran, dass irgendwann keine spannenden Angebote mehr kamen, und zehn Jahre „Medicopter 117“waren genug – nur in Götz Spielmanns „Revanche“wurde er 2008 ein letztes Mal im Kino eingesetzt. Pöschls Werdegang ist aberwitzig abwechslungsreich: Begonnen hatte er mit einer Konditorlehre, dann kam die Schauspielschule. Jobs als Wagenwäscher, Kerzenerzeuger und Zirkusartist führten ihn ans Akademietheater, dann ans Burgtheater, wo er viel später unter Claus Peymann Ensemblemitglied wurde. Als zweites Standbein führt er seit 1976 sein Kaffeehaus am Wiener Franziskanerplatz, bis heute ein beliebtes Szenelokal. Fernsehkrimis wie „Tatort“, „Derrick“, „Kottan“und „Ein Fall für zwei“machten Pöschl ab den späten Siebzigerjahren dem großen Publikum bekannt. Den Auftakt zu einer soliden Kinolaufbahn gab 1979 Maximilian Schells Verfilmung von Ödön von Horváths „Geschichten aus dem Wiener Wald“, an der Seite von Helmut Qualtinger.
Franz Novotnys „Exit … nur keine Panik“(1980) war ein definierendes Moment für die Schauspielpersona Hanno Pöschl – „der erste erfolgreiche Film aus Österreich nach Sissi“– der Schmäh, der Dreck, das Urwienerische. Hat es ihn je gestört, immer wieder als Strizzi besetzt zu werden? „Wenn man in der Nacht unterwegs ist und arbeitet, so wie ich viele Jahre, dann lernt man diese Szene kennen.“Das habe ihn von seinen Kollegen am Burgtheater unterschieden: „Viele Schauspieler sind nur auf der Bühne und in der Kantine, da ist man unter sich und erzählt sich immer dieselben Kortner-G’schichten. Ich war halt da ein bisserl woanders.“Dadurch sei er schnell der Experte für einschlägige Rollen gewesen: „Mich hat er auch fragen können, wie sagt man das wirklich im Wienerischen. So wie es auch bei ,Exit‘ geschehen ist, da sind ja viele Textstellen von mir.“
Wer den Hanno Pöschl in seiner liebsten Rolle sehen will, kann in sein „Kleines Café“gehen. Der Unterschied sei nicht groß: „Das Servieren ist ja auch eine Art Auftritt.“
„Ich bin irgendwann draufgekommen, es geht nix weiter mit mir.“