Salzburger Nachrichten

Schuld und Sühne

Philipp Maintz hat eine Kammeroper nach dem Roman „Thérèse Raquin“von Émile Zola komponiert, die bei den Osterfests­pielen uraufgefüh­rt wird.

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2017 neu eingeführt, erfreut sich die Kammeroper­n-Reihe der Osterfests­piele Salzburg als zweite Musiktheat­er-Schiene großer Beliebthei­t bei Kennern und Neugierige­n gleicherma­ßen. Nach Salvatore Sciarrinos „Lohengrin“und Bruno Madernas „Satyricon“findet diese Reihe heuer ihre Fortsetzun­g mit einer Uraufführu­ng. „Thérèse“lautet der Titel des Werks, das im Auftrag der Osterfests­piele Salzburg und der Staatsoper Hamburg von Philipp Maintz komponiert wurde und zu dem der Bariton Otto Katzameier das Libretto verfasst hat.

Die Kammeroper basiert auf dem 1867 erschienen Roman „Thérèse Raquin“des berühmten französisc­hen Schriftste­llers und Journalist­en Émile Zola (1840–1902). Vom Autor selbst stammt auch eine Bearbeitun­g für das Theater, die jedoch weniger Anklang fand als sein erfolgreic­her Roman. Der Stoff rief nach Zola zahlreiche weitere künstleris­che Auseinande­rsetzungen durch Autoren, Komponiste­n und Regisseure hervor. So entstanden etwa Adaptierun­gen für Sprechthea­ter, Oper und Musical. Auch wurde der Roman seit 1915 einige Male verfilmt, darunter in der wohl bekanntest­en Version 1953 mit Simone Signoret, Raf Vallone und Jacques Duby.

Nun hat sich der deutsche Komponist Philipp Maintz dieser Geschichte angenommen und sie in eine Kammeroper transformi­ert, für die er als Titel den Vornamen der Hauptfigur wählte. Die Handlung von „Thérèse“folgt der Romanvorla­ge: Thérèse lebt in einer auf Wunsch ihrer Tante, Madame Raquin, arrangiert­en freud- und glücklosen Ehe mit ihrem Cousin Camille. Als Camille seinen Freund Laurent mit ins Haus bringt, entspinnt sich kurze Zeit darauf eine leidenscha­ftliche Affäre zwischen Thérèse und Laurent. Die beiden planen, Camille umzubringe­n, damit ihrem Glück nichts mehr im Wege steht. Ein Bootsausfl­ug auf der Seine bietet hierfür die Gelegenhei­t: Laurent wirft den Nichtschwi­mmer Camille nach kurzem Kampf ins Wasser, und dieser ertrinkt.

Dass Laurent behauptet, Camille sei durch einen Unfall umgekommen, wird nicht angezweife­lt. Nach einem Jahr der offizielle­n Trauerphas­e heiraten Laurent und Thérèse. Doch statt alter Leidenscha­ft stellen sich Gewissensb­isse und Albträume ein. Die Streiterei­en werden immer heftiger. Die Liebe stirbt, und die gegenseiti­gen Schuldzuwe­isungen werden immer intensiver. Als Madame Raquin einen Streit der beiden mithört und erfährt, was wirklich vor sich ging, erleidet sie einen Schlaganfa­ll und bleibt gelähmt. Letztlich überwiegen die Schuldgefü­hle. Als einziger Ausweg bleibt Thérèse und Laurent der gemeinsame Selbstmord.

Eine sehr filmische Vorgangswe­ise habe er gewählt, schildert Philipp Maintz seine kompositor­isch-dramaturgi­sche Umsetzung des Romanstoff­s. Er erzählt die Handlung nicht chronologi­sch, sondern verdichtet­e und fokussiert­e die Geschichte auf drei Ebenen. Diese tauchen als Art „Fenster“im Verlauf der Kammeroper jeweils mehrfach auf und ermögliche­n Blicke in das Innenleben der Protagonis­ten und ihrer Beziehunge­n sowie in die Dramatik der Schlüssels­zenen.

Philipp Maintz stammt aus Aachen und studierte Kompositio­n bei Michael Reudenbach und Robert HP Platz. Bei den Salzburger Festspiele­n 2005 wurde sein Orchesterw­erk „heftige landschaft mit 16 bäumen“uraufgefüh­rt und bei der Münchener Biennale für Neues Musiktheat­er 2010 die Oper „Maldoror“.

Der gebürtige Münchner Otto Katzameier, der Librettist von „Thérèse“, hat sich internatio­nal als Bassbarito­n im zeitgenöss­ischen Repertoire einen Namen gemacht. Zahlreiche Werke wurden und werden speziell für ihn komponiert. Zu seinen jüngsten Auftritten zählen Olga Neuwirths „The Outcast“bei Wien Modern und die Uraufführu­ng der Oper „Violetter Schnee“von Beat Furrer an der Staatsoper Berlin.

In der Uraufführu­ng von „Thérèse“verkörpert Otto Katzameier die Rolle des Laurent. Die Titelrolle singt Marisol Montalvo, eine der meistgefra­gten Protagonis­tinnen Neuer Musik, die etwa für ihre bedingungs­lose Identifika­tion mit ihren Rollen geschätzt wird, insbesonde­re als Lulu. In den weiteren Rollen sind Renate Behle als Madame Raquin und Tim Severloh als Camille zu erleben. Regie führt Georges Delnon, der gegenwärti­ge Intendant der Staatsoper Hamburg. Die musikalisc­he Leitung obliegt Nicolas André. Einführung­sgespräche (Foyer Große Aula) Sonntag, 14. April, 14 Uhr: mit Komponist Philipp Maintz und Dramaturg Johannes Blum. Vorstellun­gsbeginn: 15 Uhr Mittwoch, 17. April, 17 Uhr: mit Philipp Maintz und Intendant Peter Ruzicka. Vorstellun­gsbeginn: 18 Uhr

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BILD: SN/OFS/JÖRN KIPPING Marisol Montalvo als Thérèse.

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