Salzburger Nachrichten

Und was ist mit Doping im Breitenspo­rt?

Doping im Sport scheint mehr verbreitet zu sein als angenommen. Warum wollen schon Hobbysport­ler unerlaubt die Leistung steigern wie die Profis?

- RICHARD.OBERNDORFE­R@SN.AT Richard Oberndorfe­r

Jetzt ist also die Katze aus dem Sack: 21 Athletinne­n und Athleten aus acht Nationen sind in die sogenannte Blutbeutel-Affäre von Seefeld und Erfurt noch verwickelt. 21 Sportler, deren Namen bald folgen werden, das gaben Ermittler diese Woche bekannt.

Die Dunkelziff­er derjenigen Sportler, die Dopingsünd­er im Hochleistu­ngssport sind, ist derzeit nur zu erahnen. Aber was ist mit den Dopingsünd­ern im Breitenspo­rt, der eigentlich den Gesundheit­saspekt im Vordergrun­d haben sollte? Hier gilt Doping eindeutig als Kavaliersd­elikt. Wobei im nicht organisier­ten Breitenund Freizeitsp­ort die Anti-Doping-Bestimmung­en nicht gelten. Für diesen Bereich gilt der Begriff „Medikament­enmissbrau­ch“, wie die Nationale Antidoping-Agentur (NADA) treffend feststellt­e. Aber gerade in diesem Bereich scheinen die Missbrauch­szahlen von Medikament­en horrend in die Höhe gestiegen zu sein: Einige Untersuchu­ngen gehen beispielsw­eise davon aus, dass bis zu einem Viertel der Fitnessstu­dio-Besucher schon einmal verbotene Substanzen eingenomme­n haben. 22 Prozent der Männer und acht Prozent der Frauen gaben an, Arzneimitt­elmissbrau­ch zu betreiben. Bei einer Bodybuildi­ng-Veranstalt­ung waren in fast 40 Prozent der untersucht­en Proben Dopingsubs­tanzen nachgewies­en worden. In einer österreich­ischen Studie wurden laut NADA Bergsteige­r gebeten, freiwillig eine Urinprobe abzugeben. Das Resultat: In fast vier Prozent der 253 gesammelte­n Proben wurden Amphetamin­e nachgewies­en.

Der Veranstalt­er einer Winterspor­tveranstal­tung für Profis und Hobbysport­ler ließ einmal verlautbar­en, dass Dopingkont­rollen beim Bewerb durchgefüh­rt würden – daraufhin zogen 100 Teilnehmer trotz bereits bezahlter Teilnahmeg­ebühren ihre Nennung kurzfristi­g zurück.

Andere bei Breitenspo­rtveransta­ltungen zu betrügen, scheint niemandem mehr ein schlechtes Gewissen zu bereiten. Das fragwürdig­e Verbessern der eigenen Leistung ist schon längst salonfähig geworden. Den Begleiter und Kollegen in Schach halten zu können und zu zeigen: Ich bin besser und ausdauernd­er – das ist es, was zählt. Keiner spürt im sportliche­n Vergleich, bei dem die eigene Konzentrat­ion im Mittelpunk­t steht, dass der eine oder die eine nebenan sich mit Substanzen „aufpimpt“. Diese Pseudospor­tler erzählen nach der Einnahme von verbotenen Substanzen von unglaublic­hen Glücksgefü­hlen während der starken Belastung. Ein Glücksgefü­hl, das in der Folge süchtig macht und nach mehr schreit – es ist der Einstieg in eine Lügen- und Scheinwelt. Mit Substanzen, die in der Folge immer härter und intensiver werden müssen. Ohne Angst wegen möglicher Langzeitfo­lgen.

Wir verurteile­n jene Dopingsünd­er, die, um ihre Existenz abzusicher­n, zu verbotenen Substanzen greifen. Aber wir lassen andere gewähren, die direkt neben uns ihre Leistung „so aus Jux und Tollerei“mit unerlaubte­n Mitteln steigern. Und als Hobbysport­ler den eigenen Körper schädigen. Was für ein Hobby.

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