An der schönen grünen Donau
Sehen und riechen. Schmecken, hören und fühlen. Niederösterreichs Gärten laden jetzt dazu ein, den Frühling mit allen Sinnen zu genießen und durch mehrere Jahrhunderte Gartenkultur zu reisen.
„Das war so meiner Sehnsucht Wunsch: ein Garten und dem Haus benachbart ein frisch rinnender Quell und oben am Bergeshang ein Fleckchen Wald.“Der Dichter Horaz verwirklichte sich um 30 vor Christus in den Sabiner Bergen bei Rom sein Refugium. Zu seiner Zeit hatte die Gartenlust schon jahrhundertelange Tradition, und diese dauert bis heute an. Nicht jeder kann oder will ein Stück umzäuntes Land sein Eigen nennen, um darin aus Erde, Wasser, Pflanzen, viel Mühsal und Geduld etwas Grünes und Blühendes zu erschaffen. Deshalb gibt es nicht nur Balkone, sondern auch Gartenreisen. Österreich mit seinen bewundernswerten Landschaften und seinen Kulturschätzen hat von Alpengärten bis zu Schlossanlagen viel Schönes zu bieten. Und weil hier Menschen gute Ideen umsetzen, fahren wir jetzt an der Donau entlang gemeinsam durch Niederösterreich: Unter dem Titel „Donaugärten“öffnen ab April der Nationalpark Donau-Auen/Schloss Orth, das Stift Klosterneuburg, Schloss Hof, Schloss Eckartsau, Schloss Artstetten, die Gartenschau Tulln und in Kirchberg am Wagram ein „Alchemistenpark“Tore und Grünanlagen. Erholungssuchende und Wissbegierige können sich in Spezialführungen und anhand von Geschichten des Erzählers Folke Tegetthoff inspirieren lassen.
Am Anfang war die Landschaft: Der Nationalpark Donau-Auen schützt die letzte größere Flussauenlandschaft in Mitteleuropa mit ihrer Vielfalt an Flora und Fauna. Die Schlossinsel, der „Auengarten“von Schloss Orth, in dem sich das Nationalparkzentrum befindet, zeigt Tiere und Pflanzen des wilden Wasserwalds. Mit einem Spiegel in der Hand lassen sich ungewöhnliche Einblicke erhaschen: Was entdeckt man in der Baumkrone? Wie sehen wir selbst in der Natur aus? Wie spiegelt sich Wasser? Was macht der Himmel im Spiegel?
Vom Himmel zu seiner irdischen Wirkungsstätte ist es nicht weit: Klöster nahmen einst das Gartenerbe der Antike auf, um wirtschaftlich unabhängig zu sein und Heilmittel anzubauen. Im Stift Klosterneuburg sind die Patres der Augustiner-Chorherren nicht nur für den Weinanbau zuständig. Angepasst an die Architektur des Klosters, dessen Gründung im 12. Jahrhundert liegt, haben sie die „Gärten der Jahrhunderte“, vom mittelalterlichen Kräutergarten bis hin zur englischen Anlage und zu modernen Elementen entstehen lassen. Ein kleines grünes Wunder ist der Paradiesgarten, den man nur vom Kreuzgang aus bestaunen kann und in dem jede Pflanze eine Bedeutung für den Glauben hat.
Ludwig XIV., von Gottes Gnaden König von Frankreich, und sein Landschaftsarchitekt André Le Nôtre verfeinerten im 17. Jahrhundert den barocken Garten so, dass ganz Europa danach süchtig wurde. In Schloss Hof ließ Prinz Eugen danach einen der bedeutendsten Gärten des deutschsprachigen Raums gestalten. Nach 15 Jahren detailgetreuer Rekonstruktion ist das Areal ab 21. Mai bis zur letzten renovierten Terrasse im Erscheinungsbild des 18. Jahrhunderts zu sehen. Die 1843 abgerissene große Kaskade sprudelt wieder als Mittelpunkt des Gartens.
In den romantischen und nach englischem Vorbild angelegten Parks von Schloss Eckartsau und Schloss Artstetten ist der Spaziergänger auf den Spuren der Habsburger unterwegs. Eckartsau war einst Jagdschloss, Artstetten erwarb Kaiser Franz I. 1823. Nachfahren der Familie leben heute noch dort und entwickeln die Anlage behutsam nach ökologischen Grundsätzen weiter.
Auf Ökologie und Vielfalt setzen auch Bewohner von Kirchberg am Wagram: In ihrem „Alchemistenpark“sind 200 Arten von Obst, Nüssen, Gemüsen und Gewürzen in einer „essbaren“Landschaft zu finden. Die Landstriche entlang der Donau, die einst Teil des Limes und Grenze hin zu den Barbaren war, prägten die Römer über Jahrhunderte hinweg. Sie forcierten den Weinbau und kultivierten Zier- und Nutzpflanzen. Rund um das ehemalige Legionslager und die Stadt Carnuntum kann man heute Geschichte und Gaumenfreuden erleben – und sich wie Horaz zurücklehnen und genießen.