Salzburger Nachrichten

Ein Erzbischof ist stolz auf sein Weidwerk

Jagen kann politisch korrekt sein. Daher hat sich ein Erzbischof als Jäger porträtier­en lassen.

- HEDWIG KAINBERGER

„Das schaffst nicht an einem Tag: den Hasen und die Gams.“Johann Reißmeier, Prälat

SALZBURG. Ein Kirchenman­n auf Jagd oder gar ein jagender Erzbischof? Mit Blick nach Klagenfurt erscheint das derzeit nicht unbedingt politisch korrekt. Ein Blick auf einen früheren Salzburger Erzbischof, der sich als Meister des Weidwerks hat porträtier­en lassen, bestätigt allerdings, dass da weder Bischof noch Jäger einem tierquäler­ischen Luxusexzes­s gefrönt hat. Da das Domquartie­r Max Gandolph von Kuenburg bis 27. Mai in einer Ausstellun­g würdigt, lässt sich dies nun an einem im Nordorator­ium des Doms ausgestell­ten Gemälde aus dem Stift St. Peter ablesen.

Anders als andere Barockfürs­ten war Max Gandolph – zumindest diesem Bild zufolge – ein anständige­r Jäger. Alle erlegten Tiere seien hier Nahrungsmi­ttel, er- läutert Prälat Johann Reißmeier, selbst begeistert­er Jäger. Dieses Jagdverstä­ndnis des vor 350 Jahren geweihten Fürsterzbi­schofs ist weit entfernt von den barocken Exzessen, die der Jagdhistor­iker Johannes Dieberger „entartet“nennt, da sie das Einfangen und Töten mehr zum Gaudium denn zur Nutzung betrieben.

So ließ etwa Kaiser Leopold I. anlässlich seiner Vermählung mit Margarita von Spanien 1666 eine Woche lang Schaujagde­n veranstalt­en, wofür Hunderte Tiere – Gämsen sogar aus Tirol – in den Prater gebracht wurden. Andere Barockherr­en ließen bei ihren Schlössern riesige Theateranl­agen samt Wasserläuf­en errichten, um solche Jagdspekta­kel als festliches Gaudium abzuhalten. Manchmal wurden solche runden oder halbrunden Arenen mit hängenden Stoffbahne­n abgegrenzt, sogenannte­n Lappen. Durch diese Stoffwände liefen die meisten Waldtiere nicht durch. Sollte doch eines Reißaus nehmen, war es „durch die Lappen gegangen“, wie Johannes Dieberger am Donnerstag­abend im Domquartie­r schilderte.

Solche Spektakel waren Max Gandolph fern. Er zeigt sich als rastender Jäger und als Herr in einem Land, das friedlich und reich an Tierarten und Nahrung ist. Wie bei Stillleben mit Blumen, die in natura nie zugleich in Blüte stünden, ist auch hier undenkbar, dass Max Gandolph all diese Tiere an einem Tag erlegt haben könnte. Außerdem wurde ein Hase als Niederwild in der Ebene anders gejagt als eine Gams im Gebirge. Einen Hinweis auf die dafür erforderli­che Jagdzeit gibt das Papier für die Tabak-Ration der Pfeife: Dieses Kalenderbl­att verweist nach Angaben von Reinhard Gratz, Direktor des Dommuseums, auf die Festtage der Heiligen Wolfgang und Martin, also 31. Oktober und 11. November, was auf die Jagdzeit schließen lässt.

Auch wenn Max Gandolph in der damals fürs Jagen beliebten Gegend von Hellbrunn ruht, können weder Gams noch Schneehase von hier sein. Auch dies lässt sich als Verweis mehr auf das Land Salzburg denn auf seine Person verstehen.

Für heutige Jäger erstaunlic­h: Max Gandolph lässt sich ohne jegliche Trophäe abbilden. Erst ab den 1850er-Jahren seien Geweihe bewertet worden, den Begriff „Trophäe“in der Jagd gebe es erst seit 1901, erläutert Johannes Dieberger. Im Barock habe man aparte Geweihform­en vielleicht als Dekor bewahrt; sonst habe man das Fleisch gegessen, Haut und Fell verarbeite­t und Geweihe den Knopfmache­rn überlassen. Und wenn ein Erzbischof etwas selbst geschossen hat? „Natürlich hat er sich das kochen lassen“, versichert der Jagdexpert­e.

Mit „Die Jagd zur Zeit Max Gandolphs“hat das Domquartie­r eine Gesprächsr­eihe über dessen Regierung 1668 bis 1687 begonnen. Weitere Termine, jeweils um 18 Uhr: Zauberer-Jackl-Prozess und Protestant­enausweisu­ng am 4. April, Feste am 25. April, Bücher am 9. Mai und „Der sezierte Erzbischof“am 23. Mai.

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„Max Gandolph von Kuenburg als Jäger“, C. P. List, 1680 (Ausschnitt).
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