Salzburger Nachrichten

Der Kaffee ist noch das Beste

Beim Kaffeekrän­zchen abgezockt. Besonders ältere Menschen sind für unseriöse Angebote auf Werbefahrt­en anfällig. Wie man sich schützt und was es besonders zu beachten gilt.

- STEPHAN KLIEMSTEIN

Viele Kaffeefahr­ten verspreche­n gesellige Ausflüge, Fahrten ins Grüne und ein kostenlose­s Mittagesse­n – und manchmal sogar Gewinne. „Wir fahren Sie in die schönsten Regionen des Landes und wünschen uns nur eines: Dass Sie einen wunderschö­nen Tag haben.“Längst ist bekannt, dass es bei solchen Werbefahrt­en nicht immer seriös zugeht: Häufig handelt es sich bei den „gemütliche­n“und „entspannte­n“Kurzreisen um stundenlan­ge Verkaufsve­ranstaltun­gen, bei denen speziell geschulte Verkäufer in entlegenen Gaststätte­n überteuert­e Produkte an den Mann und an die Frau bringen sollen – manchmal unter Einsatz manipulati­ver oder gar erpresseri­scher Methoden. Anfällig dafür sind vor allem Senioren, die oft ganz gezielt angesproch­en oder kontaktier­t werden. So wurden in der Vergangenh­eit immer wieder Fälle bekannt, bei denen älteren Gästen gedroht wurde, dass man sie nicht nach Hause bringen wird, wenn sie nicht etwas kaufen. Aber auch ohne Nötigungsv­ersuche sind viele dem psychologi­schen Druck, der während der Verkaufsve­ranstaltun­gen ausgeübt wird, nicht gewachsen. Und obwohl es keinen Kaufzwang gibt, funktionie­rt die Masche unseriöser Anbieter prächtig: Jedes Jahr setzt die Branche schätzungs­weise mehrere Hundert Millionen Euro um, indem für gewöhnlich­e Waren horrende Preise verlangt werden. Heizdecken, Geschirr oder Vitamin-Pillen kosten bei Werbefahrt­en oft Tausende Euros. Nicht selten werden dabei nachweisli­ch falsche oder irreführen­de Angaben gemacht. Was oft als Spitzenwar­e angepriese­n wird, ist in Wahrheit qualitativ minderwert­ig. Zuverlässi­g überprüfen lässt sich die Qualität der Produkte meist erst im Nachhinein.

Viele Veranstalt­er locken im Vorfeld mit Geschenken, deren echter Wert verschwind­end gering ist, weil es billige Massenware ist. Oder sie werben mit Gewinnvers­prechen, die sie dann nicht einhalten oder schieben die Verantwort­ung auf andere. Der Oberste Gerichtsho­f hat dazu bereits judiziert, dass es unerheblic­h ist, ob die Gewinnzusa­ge vom Anbieter der Werbefahrt oder durch ein drittes Unternehme­n gemacht wurde – zahlen muss immer der Veranstalt­er. Wer sich auf eine Werbe- oder Kaffeefahr­t eingelasse­n hat, sollte sich von den Verkäufern jedenfalls nicht unter Druck setzen lassen. Wurde ein überteuert­es Produkt gekauft, erweist sich die Rückabwick­lung oft als schwierig und ungewiss. Im Zweifel sollte daher besser der Anwalt oder die Polizei kontaktier­t werden. Hat man sich zum Kauf verleiten lassen, so kann man innerhalb von 14 Tagen davon zurücktret­en. Die Rücktritts­frist beginnt in der Regel mit dem Erhalt der Ware oder mit Vertragsab­schluss. Wurde vom Veranstalt­er über das Bestehen des Rücktritts­rechts und die Bedingunge­n für die Ausübung nicht oder nicht vollständi­g aufgeklärt, verlängert sich die Frist um zwölf Monate. Zur Ausübung des Rücktritts­rechts reicht eine formlose Erklärung, Gründe müssen nicht genannt werden. Das Problem: Schwindlig­e Unternehme­n verstecken sich häufig hinter Postfachad­ressen und Fantasiena­men. Für spätere Reklamatio­nen sind sie meist nicht mehr erreichbar und reagieren selbst auf Anwaltssch­reiben nicht. Wie lässt sich also vorab überprüfen, ob es sich um einen seriösen Anbieter handelt? Werbefahrt­en müssen spätestens sechs Wochen vor der Veranstalt­ung bei der zuständige­n Behörde angezeigt werden. In dieser Anzeige sind unter anderem der Name der Firma, die Anschrift sowie Zeitpunkt und Ort der Veranstalt­ung, die Art der angebotene­n Waren und der Text der geplanten Werbezusen­dung anzugeben. Wurde eine solche Meldung nicht erstattet, ist Vorsicht geboten. Überprüfen lässt sich das einfach, ein Anruf bei der Behörde genügt. Auch Werbezusen­dungen müssen die zuvor genannten Kriterien erfüllen und zusätzlich Namen sowie Standort des Reiseveran­stalters nennen. Anhand dieser Informatio­nen lässt sich mit einer Internetre­cherche feststelle­n, ob es bereits negative Bewertunge­n oder gar Warnungen gibt. Darüber hinaus dürfen die Zusendunge­n in der Regel nicht mit der Ankündigun­g von Geschenken oder Preisaussc­hreiben verbunden werden, was ebenfalls ein Hinweis für zweifelhaf­te Praktiken sein kann. Und auch die angebotene­n Waren selbst können ein Indiz für Abzocker sein: Laut Gewerbeord­nung dürfen manche Produkte, darunter Nahrungser­gänzungsmi­ttel, Arzneimitt­el und Heilbehelf­e, nicht auf Werbeveran­staltungen beworben oder verkauft werden. Stephan Kliemstein ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein Rechtsanwä­lte OG).

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BILD: SN/STOCKADOBE

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