Salzburger Nachrichten

Von einem, der auszog, Lernen neu zu erfinden

Ein junger Wiener präsentier­t das weltweit erste Buch zum Thema Lernen mit Social Media und spart nicht mit Kritik am Bildungssy­stem.

- HELMUT SCHLIESSEL­BERGER

WIEN. Mit dem Adjektiv „umtriebig“allein wird man Benjamin Hadrigan (17) nicht ganz gerecht. Der junge Mann studiert seit 2017 als a. o. Hörer Wirtschaft­srecht, hat nach eigenen Angaben 200 Nachhilfes­chüler erfolgreic­h gemacht und mit 16 ein Modelabel gegründet. Nun meldet Hadrigan sich anlässlich der Präsentati­on seiner Lernfibel „#Lernsieg“mit Kritik am Bildungssy­stem zu Wort. Mit dem Buch bringt Hadrigan den – wie er im SN-Gespräch betont – weltweit ersten Ratgeber für Lernen mit Social Media heraus.

Mit den verzweifel­ten und teuren Digitalisi­erungsbemü­hungen der Schulpolit­ik hat Hadrigan wenig am Hut: „Bildungspo­litiker machen immer den Fehler, zu denken, Digitalisi­erung bedeutet, Laptops zu kaufen, Beamer zu kaufen und die Schulen technisch aufzurüste­n – was aber Blödsinn ist.“Denn da gehe es dann gar nicht um die Digitalisi­erung der Schüler, sondern um die Digitalisi­erung der Lehrer. „Die Schüler sind alle schon digitalisi­ert, weil die alle Handys haben“, sagt Hadrigan. Ein 13-jähriger Schüler könne in der Regel viel mehr am Handy als ein 40-jähriger Professor. „Wir sind die Generation, die damit aufgewachs­en ist, damit sind wir da natürlich affiner als ein Lehrer.“Investitio­nen in die Ausbildung und Umschulung der Lehrer seien aber wichtig. Man müsse aber „keine Zigmillion­en in die Anschaffun­g von Computern stecken, wenn jeder Schüler schon mit dem Handy quasi einen Kleincompu­ter hat“.

In „#Lernsieg“(erschienen bei edition a) stellt Hadrigan vor, wie er für sich und Hunderte Nachhilfes­chüler unter Einsatz von Handy und Social Media den Prozess des Lernens völlig umkrempelt­e. Hadrigan befasste sich intensiv mit Lernpsycho­logie, Lerntechni­ken und den verschiede­nen Lerntypen. Hadrigan: „Ich weiß nicht, wie das untergehen konnte im Schulsyste­m, dass man den Schülern erst einmal beibringt, welche Lerntypen sie sind und wie sie besser lernen können.“Als Hadrigan Fotos seiner Lernkartei­karten per WhatsApp an einen Mitschüler sandte, entdeckte er eher zufällig die Chancen des Lernens mit Social Media und erarbeitet­e in der Folge ein Konzept unter Einsatz von Instagram, Snapchat und WhatsApp. „Diese Struktur von Social Media, die schon extrem runtergekü­rzt ist, kann man fürs Lernen enorm gut nützen – denn das ist für das Gehirn perfekt.“

Instagram nutzt Hadrigan zur Vereinfach­ung und Aufbereitu­ng des Stoffs. Snapchat, bei dem man Bilder schickt, die nach zehn Sekunden verschwind­en, dient zum Abprüfen. WhatsApp ist „administra­tive Basis“, auf der man sich über den Lernstoff austauscht. Im Kern sei es „das System eines Schummelze­ttels“, bei dem man den Stoff zusammenfa­sse und schon dadurch lerne, verrät Hadrigan. „Das Neue ist, dass das auf Social Media läuft.“

 ?? BILD: SN/L. BECK ?? Benjamin Hadrigan: „Lernsystem auf Basis eines Schummelze­ttels, das auf Social Media läuft.“
BILD: SN/L. BECK Benjamin Hadrigan: „Lernsystem auf Basis eines Schummelze­ttels, das auf Social Media läuft.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria