Salzburger Nachrichten

Wenn die Welt aus den Angeln gerät

Gegen den Pessimismu­s: Hannes Androsch plädiert für die Vereinigte­n Staaten von Europa.

- ANDREAS KOLLER Androsch/Gadner/Poller: „Europa vor der Entscheidu­ng. Warum ein geeinter Kontinent unsere Zukunft ist.“Brandstätt­er-Verlag.

WIEN. Hannes Androsch, einst Vizekanzle­r, Finanzmini­ster, Bankdirekt­or, heute erfolgreic­her Industriel­ler und Musterbeis­piel eines engagierte­n Bürgers, hält wieder einmal dagegen: Gegen die Nationalis­ten, die Europa in einen politische­n Flickentep­pich verwandeln wollen. Gegen die Krisenapok­alyptiker, die den Kontinent am Rande des Abgrunds sehen. Gegen die Populisten, die die Bürger in eine unsichere Zukunft lügen, siehe Brexit.

In seinem neuen Buch „Europa vor der Entscheidu­ng“, verfasst gemeinsam mit Johannes Gadner und Bettina Poller vom Rat für Forschung und Technologi­eentwicklu­ng, plädiert Androsch für ein „starkes und geschlosse­nes Europa“. „Das vor allem in westlichen Gesellscha­ften dominieren­de Unbehagen speist sich aus einer unübersich­tlich gewordenen Welt, einer aufgewühlt­en und aus den Angeln geratenen Welt voller Umbrüche und Umwälzunge­n“, schreiben Androsch und seine Koautoren – und sie appelliere­n gleichzeit­ig an den Optimismus: „Unsere Zeit ist aber auch gekennzeic­hnet durch eine unvergleic­hliche Verbesseru­ng des Lebensstan­dards großer Teile der Menschheit sowie durch bis dato ungeahnte Chancen, die der wissenscha­ftliche, medizinisc­he und technologi­sche Fortschrit­t eröffnet.“

Wie kann nun dieses „starke und geschlosse­ne Europa“aussehen, das sich Androsch wünscht? Die Autoren plädieren für eine „gemeinsame Entwicklun­g von Technologi­en und Ausrüstung mit strategisc­her Bedeutung“, für gemeinsame europäisch­e Anstrengun­gen in der Sicherheit­s-, Finanz- und Wirtschaft­spolitik bis hin zur Bildungspo­litik. „Das alles kann naturgemäß nicht gelingen ohne Verzicht auf Teile der politische­n Souveränit­ät.“Daher: „Es braucht die Schaffung der ,Vereinigte­n Staaten von Europa‘.“Dass die derzeitige Bundesregi­erung diesen Kraftakt zustande bringt, glaubt Androsch offenkundi­g nicht: „Wenn man im eigenen Land einen Mindestloh­n von 1,50 Euro festsetzt und glaubt, dass man mit 150 Euro leben kann, ist das das Gegenteil davon, was notwendig ist“, sagte er am Montag bei der Buchpräsen­tation.

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