Von Brexit, Fuchsjagd und Dancing Stars
Was das Tohuwabohu im britischen Unterhaus mit einem alten, fetten Freund zu tun haben könnte.
Das Gezerre um den (man kann das Wort nicht mehr hören!) Brexit weist frappierende Ähnlichkeiten mit der Fernseh-Lustbarkeit „Dancing Stars“auf. Beides zieht sich über Monate, in regelmäßigen Abständen finden Abstimmungen statt und die Hälfte der Beteiligten sind schauderhafte Dilettanten.
Warum der ORF seinen wehrlosen Gebührenzahlern im Hauptabendprogramm einen tänzelnden Stefan Petzner serviert, wird man nie erfahren. Was den Grund für das BrexitChaos betrifft, gibt es hingegen eine interessante Theorie: Die Briten, so heißt es, lieben einfach spleenige Politiker, denen ein gelungener Scherz wichtiger ist als das eigene Schicksal und das Schicksal ihres Landes.
Diese Theorie wird von einem Mann gestützt, der heute zu Unrecht nur noch für seine Torte berühmt ist – dem Fürsten Pückler. Der deutsche Adelige bereiste in den 1820erJahren die Britischen Inseln und lieferte in Hunderten Briefen detaillierte Beschreibungen der dortigen Landschaft und Seele. In einem der Briefe erwähnt er einen Dandy einfacher Herkunft, der seine Stellung in der höchsten Gesellschaft nur seiner Erfindung der gestärkten Halsbinde und seinem geschliffenen Mundwerk verdankte.
Eines Abends war der Dandy bei einem Prinzen eingeladen und erlaubte sich auf dessen Kosten einen bösen Scherz. Fingerschnippend rief er ihm quer über den Tisch zu, er möge für ihn nach dem Diener klingeln. Alles lachte, der Prinz jedoch rief scheinbar ungerührt den Butler herbei. Als dieser erschien, sagte er ruhig „Diese Person verlangt ihren Wagen“und warf den Dandy damit hinaus.
Wie das Leben so spielt, begegneten sich die beiden kurz darauf auf der Straße. Man tat so, als würde man sich nicht kennen. Der Prinz war aber in Begleitung eines Offiziers, mit dem auch der Dandy bekannt war. Er trat auf den Oberst zu und erkundigte sich, durch das Lorgnon befremdet auf den Prinzen blickend: „Wer, zum Teufel, ist Euer alter, fetter Freund dort, mit dem Ihr gerade spracht?“
Eine weitere Beobachtung, von der Pückler in seinen Briefen berichtet: Niemals und unter keinen Umständen seien die englischen Postkutschen bereit gewesen, außerplanmäßig zu halten und dadurch den Fahrplan zu missachten. Nur einmal, als ein Fuchs die Straße kreuzte, der soeben dem Trupp einer Fuchsjagd entwischt war, sei der Postkutscher völlig aus dem Häuschen geraten und habe einen riesigen Umweg gemacht, um die Jäger wieder auf die Fährte des Fuchses zu leiten.
Angesichts des Tohuwabohu im britischen Unterhaus fragt man sich: Haben die Abgeordneten ihren Kopf auch bei der Fuchsjagd? Oder halten sie die EU für den alten, fetten Freund?