Elementare Geschichten erzählen, klare Bilder schaffen
Schauen, staunen, lachen: Wie mit einfachen Mitteln für die Kleinen und Kleinsten Theater entsteht.
Schauen und Staunen: So muss man kleine und kleinste Zuschauer „abholen“zu ihrem ersten Theatererlebnis. Es gilt Vertrauen zu schaffen und nicht zu überrumpeln. Deswegen ist ein durchgehendes Merkmal der zehn Gastspiele beim 7. Internationalen Festival BIM BAM im Salzburger Toihaus nicht allein nach ökonomischen Gesichtspunkten zu bewerten, denen freie Theatergruppen oft unterworfen sind: dass nur zwei, maximal drei Akteure für das Spiel (und die Musik) auftreten. Auch der Einsatz einfacher, schlichter Materialien und szenischer Mittel sollte nicht als „Sparsamkeit“allein gelesen werden, sondern als Fähigkeit, Konzentration zu schaffen für klare, elementare Geschichten. Also wird beispielsweise erzählt von zwei Männern („Un Par“, Mexiko), die mit einer vielfältig einsetzbaren Leiter (als Berg, Haus oder Hütte) zunächst spiegelbildliche „Welterkundung“betreiben, bis einer ein rotes T-Shirt mit einer Krone entdeckt. Fortan ist sein Besitzer der Herrscher und bringt das vordem Gemeinsame gehörig durcheinander …
Oder man betrachtet den Kreislauf des Säens, Wachsens, Blühens und Vergehens der Natur („Frö“= Samen/Schweden) im milden Licht, im Wechsel der Tages- wie der Jahreszeiten – konkret genug, um einen winterdürren Baum mit grünen, aufgeklebten Blättern im Handumdrehen zum Frühlingswunder zu machen oder aus einem Samenkorn am Ende eine Blume wachsen zu lassen, abstrakt genug, daraus eben kein realistisches oder gar naturalistisches Theater zu machen, sondern eines, das sich der Zeichen bewusst ist.
Rieselnder Sand ist ein Material „Vom Feinsten“(Yuko Tamuro in Kooperation mit dem Toihaus), um Bildergeschichten zu „malen“, die sich, so rasch, wie sie entstehen, wieder verwischen lassen, um neuen Bildern Platz zu machen: das Meer, die Berge, einen Schmetterling oder auch einmal ein kleines Monster. Was für schöne Poesie!
Rohre aus Karton („Kokers“/Niederlande) werden spielerisch zu Baumaterial im Raum, das zwei (leider etwas selbstgefällige) Tänzer zwischen Konstruieren und Zerstören beleben.
Das einzige „Sprachkunstwerk“kam vom bereits geschichtsträchtigen Helios Theater aus Hamm. Der eine und der andere agieren zunächst im Gleichklang eines „Gegenüber“, bis einer aus der Rolle fällt und die synchronen Bewegungen durcheinandergeraten. Dann geht es in launig dadaistischer Manier um Wege, die man gehen darf oder auch nicht, um das Hiersein und das Wegsein („Wo ist denn weg?“), um Regeln und Befehle, Grenzen und Grenzüberschreitungen (in surrealen Videos) und das Doch-noch-Wiederfinden in lustigen Parallelen. Das war die komplexeste Produktion, aber auch sie fand direkten Anklang: zum Schauen und Hören, Staunen und – ganz wichtig – zum Lachen!
Schlichte Materialien genügen für die Poesie