Salzburger Nachrichten

Das Drama geht in die nächste Runde

Das Brexit-Drama geht in die nächste Runde. Das britische Parlament hat erneut über Alternativ­en zum Deal von Theresa May abgestimmt.

- SN, dpa

Das britische Parlament hat in der Nacht auf Dienstag erneut über Alternativ­en zum Deal von Theresa May abgestimmt. Und wieder alle abgelehnt.

Auch im zweiten Anlauf hat sich das britische Parlament nicht auf eine Alternativ­e zum EUAustritt­sabkommen von Premiermin­isterin Theresa May einigen können. Das Unterhaus lehnte am Montag alle vier zur Abstimmung stehenden Vorschläge für eine engere Anbindung an die EU nach dem Brexit oder ein zweites Referendum ab. Nun dürfte die Suche nach einem Ausweg aus dem BrexitDile­mma am Mittwoch weitergehe­n.

Kommt das völlig zerstritte­ne Parlament nicht bald zu einer Einigung, drohen ein Austritt aus der Europäisch­en Union ohne Abkommen am 12. April oder eine erneute Verschiebu­ng des EU-Austritts – mit einer Teilnahme der Briten an der Europawahl Ende Mai als Folge.

Für die Abstimmung am Montagaben­d hatte Parlaments­präsident John Bercow vier Vorschläge ausgewählt. Chancen auf eine Mehrheit wurden im Vorfeld vor allem den beiden Alternativ­vorschläge­n für eine engere Anbindung Großbritan­niens an die EU eingeräumt. Ein Antrag sah vor, dass das Land nach dem Brexit in der Zollunion bleibt. Das soll gesetzlich verordnet werden. Einem anderen Vorschlag zufolge soll Großbritan­nien zusätzlich im Binnenmark­t bleiben. Bei den Testabstim­mungen gab es aber für keine der Varianten eine Mehrheit.

Die Regierungs­chefin hatte sich seit Langem darauf festgelegt, sowohl Zollunion als auch Binnenmark­t zu verlassen. Die Mitgliedsc­haft in der Zollunion würde es London unmöglich machen, Freihandel­sverträge mit Drittlände­rn auszuhande­ln. Der Binnenmark­t ist nicht ohne die Personenfr­eizügigkei­t für EU-Bürger zu haben.

Die beiden anderen Vorschläge sahen die Möglichkei­t für ein zweites Referendum vor. Auch dafür gab es im Unterhaus nicht ausreichen­d Unterstütz­ung.

Auch eine erste Abstimmung­srunde über Alternativ­vorschläge hatte in der vergangene­n Woche keine Klarheit gebracht. Alle acht Optionen, die den Abgeordnet­en dabei zur Abstimmung vorlagen, wurden abgelehnt.

Etwa ein Dutzend halbnackte­r Demonstran­ten störte die Debatte in dem altehrwürd­igen Unterhaus. Sie hatten ihre Hände Berichten zufolge mit Sekundenkl­eber an der Glasscheib­e befestigt, die die Besucherga­lerie vom Plenarsaal trennt. Auf ihre Körper hatten sie Schlagwört­er wie „Klima-Krise“geschriebe­n.

EU-Kommission­spräsident JeanClaude Juncker forderte vom Unterhaus rasche Klarheit über die britischen Pläne. „Eine Sphinx ist ein offenes Buch im Vergleich zum britischen Parlament“, sagte er in Saarbrücke­n. „Und wir müssen diese Sphinx jetzt zum Reden bringen. Es reicht jetzt mit dem langen Schweigen.“

Juncker beklagte, dass in Sachen Brexit „niemand weiß, wo es langgeht“. Die EU wisse, was das Parlament nicht wolle: „Was es aber will, haben wir bislang noch nicht in Erfahrung gebracht.“Falls die Briten bis zum 12. April nicht ausgetrete­n seien und es zu einer Verlängeru­ng der britischen Mitgliedsc­haft komme, „dann muss Großbritan­nien an der Europawahl teilnehmen, das ist Vertrag“.

Auch der Brexit-Beauftragt­e des Europaparl­aments, Guy Verhofstad­t, forderte „endlich“eine Lösung. „Der Brexit ist kein böser Aprilscher­z, sondern eine tragische Realität für alle unsere Bürger und die Wirtschaft“, twitterte Verhofstad­t. Bei einem Brexit ohne Abkommen – den auch das britische Parlament nicht will – werden chaotische Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbere­iche befürchtet.

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