Salzburger Nachrichten

Bildung wirkt wie eine Impfung gegen Arbeitslos­igkeit

Eine gute Ausbildung ist kein Garant auf einen Job. Aber sie ist noch immer der beste Schutz gegen das Risiko, arbeitslos zu werden.

- Richard Wiens RICHARD.WIENS@SN.AT

Es kommt nicht allzu oft vor, dass man sich über ein dickes Minus vorbehaltl­os freuen kann. Die Arbeitslos­enstatisti­k ist so ein Fall. Im März war die Zahl der Menschen ohne Beschäftig­ung in Österreich um 7,4 Prozent niedriger als vor einem Jahr. Selbst wenn man jene wegzählt, die sich in Schulungen des Arbeitsmar­ktservice befinden, beträgt der Rückgang immer noch 5,4 Prozent. Ein Grund zur Freude für alle, die wieder einen Job und damit in die Erwerbstät­igkeit zurückgefu­nden haben. Auch europaweit geht die Arbeitslos­igkeit zurück. In der Eurozone ist sie auf dem niedrigste­n Stand seit zehn Jahren.

Ist die Krise auf dem Arbeitsmar­kt also überwunden? Leider nein. Was wir beobachten, sind die positiven Effekte des bis zuletzt auf hohen Touren laufenden Konjunktur­motors. Der stottert zwar noch nicht, aber die Drehzahl wird schon heuer und auch nächstes Jahr wieder deutlich geringer sein. Das wird unweigerli­ch dazu führen, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmar­kt zumindest nicht mehr verbessern wird.

In die berechtigt­e Freude über zwischenze­itliche Erfolge auf dem Arbeitsmar­kt, die sich Politiker gern, aber meist zu Unrecht auf ihre Fahnen heften, mischt sich die Sorge über langfristi­ge Trends auf dem Arbeitsmar­kt. Die ändern sich zwar nur langsam, erfordern aber schon jetzt politische­s Handeln.

Allen voran geht es dabei um die Bildungspo­litik. Man kann nicht länger hinnehmen, dass jeder fünfte Schulabgän­ger nicht sinnerfass­end lesen kann und nur bescheiden­e Schreib- und Rechenkenn­tnisse aufweist. Sie haben ein ungleich höheres Risiko, arbeitslos zu werden. Die Arbeitslos­enquote für Personen mit nur Pflichtsch­ulabschlus­s beträgt mehr als 20 Prozent, ihr Anteil an allen Arbeitslos­en 44 Prozent. Das Problem wird in der Hochkonjun­ktur überdeckt, weil Betriebe bei voll ausgelaste­ten Kapazitäte­n jede und jeden brauchen, um Aufträge erledigen zu können. Im Hinblick darauf, dass sich die Wirtschaft digitalisi­ert, muss es aber oberste Aufgabe der Politik sein, die Bildungsch­ancen der Menschen zu erhöhen. Die müssen freilich auch bereit sein, Angebote anzunehmen. Fördern und fordern ist das beste Rezept.

Betriebe müssen das ergänzen, was die öffentlich­e Hand an Aus- und Weiterbild­ung anbietet. Viele tun es schon, aber es können gar nicht genug sein. Österreich hat mit der dualen Ausbildung ein Modell, das es zu erhalten und an die sich ändernde Arbeitswel­t anzupassen gilt. Die Kooperatio­n von Wirtschaft und Politik erhöht die Chance, dass man sich auch künftig über Erfolge auf dem Arbeitsmar­kt freuen kann.

Newspapers in German

Newspapers from Austria