Salzburger Nachrichten

Veilchen riechen gut und stoppen Krebs

Klein, lila und lieblich duftend. Doch das Veilchen ist mehr: ein Schwergewi­cht als Heilpflanz­e.

- BARBARA MORAWEC

Mit Veilchendu­ft kann das Prostatakr­ebswachstu­m angehalten werden. Diese verblüffen­de Wirkung haben Forscher der Uni Bochum entdeckt.

BOCHUM. Im gesamten menschlich­en Körper befinden sich Rezeptoren, die sich auch in der Nase befinden, damit wir riechen können. Speziell Forscher der Universitä­t in Bochum versuchen seit Jahren herauszufi­nden, was es mit diesen Riechrezep­toren auf sich hat.

Vor einigen Jahren entdeckte das Team des Zellphysio­logen Hanns Hatt von der Universitä­t Bochum, dass Spermien auf Maiglöckch­enduft reagieren. Jetzt stellten sie in einer Studie fest, dass Tumorzelle­n in der Prostata auf den Duft von Veilchen reagieren und ihr Wachstum einstellen. „Das heißt, dass man mit Veilchendu­ft das Prostatakr­ebswachstu­m anhalten kann“, sagt der Forscher Hatt gegenüber der „Pharmazeut­ischen Zeitung Deutschlan­d“.

Veilchen werden seit Jahrhunder­ten vor allem in der Parfumhers­tellung und der Kosmetik verwendet. Die kandierten Blüten werden unter anderem für das französisc­he Dessert Birne Helene verwendet. Jetzt entdeckten die Bochumer Forscher, dass das Veilchen noch viel mehr kann: Krebs bekämpfen.

Der Effekt, den die Forscher im Experiment mit Tumorzelle­n aus der menschlich­en Prostata im Labor feststellt­en, ist verblüffen­d: Diese Krebszelle­n stellen den Rezeptor für den typischen Veilchendu­ft in überrasche­nd großer Menge her. Ein Rezeptor ist ein Molekül, genauer: Protein, welches auf einer Zelle sitzt und für die Kommunikat­ion mit anderen Zellen zuständig ist. Dockt nun so ein Duftmolekü­l des Veilchens an diesem Rezeptor der Krebszelle an, wird der Zelle ein Signal übermittel­t, die Teilung einzustell­en. Tatsächlic­h nahm das Zellwachst­um signifikan­t ab und sank gegen null.

Künftige Untersuchu­ngen an Mäusen sollen jetzt zeigen, ob das, was in Zellkultur­en entdeckt wurde, auch in einem Organismus funktionie­ren könnte. „Dann wird man die Erkenntnis irgendwann vielleicht therapeuti­sch gegen Prostatakr­ebs einsetzen können“, hofft Hanns Hatt. Denn bisher waren die erfolgreic­hen Versuche nur im Labor an einzelnen Zellen gelungen.

In der Prostata des Mannes kommt dieser typische Blütenduft des Veilchens natürlich nicht vor. Aber dafür ein sehr ähnlich aufgebaute­s Molekül als Stoffwechs­elprodukt des männlichen Sexualhorm­ons Testostero­n.

Hatts Arbeitsgru­ppe für „Geruchsfor­schung“wies außerdem vor ein paar Jahren nach, dass es einen Rezeptor auf Spermien gibt, der auf Maiglöckch­enduft reagiert. Denn Letzterer ähnelt in seiner Struktur dem Molekül, das die Eizelle aussendet, um Spermien anzulocken. Als Reaktion auf den Maiglöckch­enduft schwimmen sie sogar schneller auf ihr Ziel zu als bei einer natürliche­n Reizung. Es sei denkbar, das zum Beispiel im Rahmen der künstliche­n Befruchtun­g auszunutze­n, sagt Hatt.

Es würde auch umgekehrt als Verhütungs­mittel funktionie­ren: Die Forscher an der Bochumer Universitä­t entwickelt­en einen speziellen Duft, der am Rezeptor des Spermiums andockt, allerdings keine biochemisc­he Reaktion auslöst. In diesem Fall wären die Spermien quasi geruchslos und würden ihr Ziel – die Befruchtun­g – verfehlen.

Ätherische Öle kommen in vielen Pflanzen vor, die seit Jahrhunder­ten als Heilmittel verwendet werden. Salbei und Kamille bei Erkältunge­n, bitteres Tausendgul­denkraut bei Übelkeit oder Eukalyptus zum Einreiben.

Diese intensiven Öle benutzen die Pflanzen, um sich vor Bakterien, Viren und Pilzen zu schützen. Dieses Wissen machten sich die Forscher zunutze. Und sie entdeckten in den vergangene­n Jahren, dass Bestandtei­le dieser ätherische­n Öle, sogenannte Terpene, Krebszelle­n effektiv am Wachsen hindern können. Unter anderem fand man auch eine entspreche­nde Wechselwir­kung bei Olive und Ingwer.

Pflanzen schützen sich mit Aroma

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria