Keine Förderung für EU-Steuersünder
Gegen Steuerdumping: Der Wettlauf nach unten solle nicht von den Steuerzahlern finanziert werden müssen, schlägt die SPÖ vor.
Die SPÖ stellt das Thema Steuergerechtigkeit in den Mittelpunkt ihres EU-Wahlkampfs – und sie schreckt in ihrem Konzept, das den Titel „Solidarisches Europa“trägt, vor drastischen Vorschlägen nicht zurück. Beispielsweise dem Vorschlag, Ländern, die sich beim Steuerdumping besonders hervortun, die EU-Förderungen zu streichen.
Im Visier hat die SPÖ vor allem Ungarn. Dort betrage der Körperschaftssteuersatz rekordverdächtig niedrige neun Prozent (Österreich: 25 Prozent). Gleichzeitig lukriere Ungarn EU-Förderungen von netto rund drei Milliarden Euro, rechnete SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bei der Präsentation des SPÖ-Steuerprogramms vor. Das Steuerdumping der ungarischen Regierung werde also vom europäischen Steuerzahler finanziert. Auf eine weitere nachteilige Auswirkung des steuerlichen Wettlaufs nach unten machte der ehemalige AKDirektor Werner Muhm aufmerksam, der als Experte am SPÖ-Programm mitschrieb: „Je geringer die Unternehmenssteuern sind, beispielsweise die Körperschaftssteuer, desto höher werden zwangsläufig die Steuern für Arbeitnehmer und Konsumenten“, kritisierte er.
Logische Folgerung für die SPÖ: Die EU müsse einen Mindeststeuersatz für Unternehmenssteuern einführen. Dass dies nicht einfach sei, räumte SPÖ-EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder ein. Da in Steuerfragen im EU-Rat das Einstimmigkeitsprinzip gelte, könne jedes Land per Veto einen solchen Mindeststeuersatz verhindern.
Weiters fordert die SPÖ, das grenzüberschreitende Verschieben von Gewinnen zwecks Steuerschonung („profit shifting“) zu unterbinden. Denn allein durch profit shifting und Steuerbetrug entgingen den europäischen Steuerbehörden mindestens 200 Mrd. Euro im Jahr. Geld, das nach Ansicht der SPÖ für ausstehende Zukunftsinvestitionen dringend notwendig wäre.
Weiter im SPÖ-Programm: Die Vorschläge der EU-Kommission für die Schaffung einer digitalen Betriebsstätte sollten rasch verwirklicht werden. Denn nur dadurch sei es möglich, internationale Internetriesen, die in Europa keine reale Betriebsstätte haben, zu besteuern. Überdies wünschen sich die Sozialdemokraten mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Mehrwertsteuer.
Wie Schieder betonte, werde die Steuerpolitik maßgeblich dafür sein, ob die Sozialdemokratie die nächste EU-Kommission unterstützt oder aber nicht. Da nach der EU-Wahl eine neuerliche Koalition zwischen der Europäischen Volkspartei und den europäischen Sozialdemokraten realistisch scheint, hat die Sozialdemokratie damit ein Druckmittel in der Hand.