Großinquisitor Pilz und 486 Jahre Schadenersatz
Ein Ex-Minister wird vor den U-Ausschuss zitiert. Aber es gibt Schlimmeres, wie die Geschichte zeigt.
In den U-Ausschüssen zu BVT und Eurofighter veranstalten ÖVP und SPÖ derzeit ein lustiges Gesellschaftsspiel. Es heißt „Lädst du meinen Ex-Minister vor, lade ich deinen Ex-Minister vor“und beschert uns ein Wiedersehen mit vielen alten Bekannten. Unlängst waren die Herren Doskozil und Platter dran, diese Woche dürfen wir uns auf die beiden Ex-Ministerinnen Maria Berger und Maria Fekter freuen.
Neben dem Wiedersehens- haben diese Vorladungen in die U-Ausschüsse natürlich auch einen erzieherischen Effekt. Die ehemaligen Gewaltigen werden für ihre begangenen oder vermeintlichen Schandtaten dadurch bestraft, dass sie ein paar Stunden dem Großinquisitor Peter Pilz gegenübersitzen müssen.
Das ist von unsagbarer Härte und steht eindeutig im Widerspruch zur Menschenrechtskonvention. Dennoch können die Betroffenen von Glück reden, dass sie in der heutigen Zeit und nicht in Preußen leben. Denn dort gab es für Missetäter in der Verwaltung eine Strafe, gegen die ein paar Stunden Inquisition mit Peter Pilz das reinste Lercherl sind. Nämlich war es dort üblich, echte oder angebliche Korruptionisten aus Abschreckungsgründen direkt an ihrem Arbeitsplatz hinzurichten.
Berühmt wurde der Fall eines ostpreußischen Kriegs- und Domänenrats. Er hatte in Königsberg Geld unterschlagen, das für die Salzburger Protestanten bestimmt war, die nach Preußen auswanderten. Daraufhin ließ ihn der König direkt vor dem Sitzungszimmer der Kriegs- und Domänenkammer und also vor den Augen aller Räte hängen.
Gut, dass so etwas heute anders bestraft wird. Man denke nur: Im Vorgärtlein der HypoAlpe-Adria-Zentrale wäre auf den Bäumen kein einziger Ast frei geblieben …
Bei minder schweren Vergehen drohten den preußischen Amtsträgern die Entlassung oder Schadenersatzklagen, wie sie ja auch in Österreich üblich sind. Aktuell möchte sich die Republik nach der Wiederholung der Bundespräsidentenwahl nun die Kosten dafür von jenen Wahlleitern zurückholen, die diese Wiederholung verursacht haben.
Neu sind solche Klagen nicht. Als ein österreichischer Linienschiffleutnant im Jahre 1910 den Untergang eines k. u. k. Hochseetorpedobootes verursachte, verdonnerte ihn die Marinesektion des Kriegsministeriums zum Ersatz der Baukosten des Bootes in Höhe von rund 350.000 Kronen. Das Urteil lautete:
„Dem Genannten ist durch 486 Jahre und elf Monate, das ist bis einschließlich 1. November 2396, monatlich der Betrag von 60 Kronen von seinen Dienstbezügen abzuziehen. Der gänzliche Vollzug des Abzugs ist nach Ablauf dieses Zeitpunktes anher zu melden.“– Die SN werden über den Ausgang der Sache berichten.