Galionsfigur der Linken will zurück nach Brüssel
Ein halbes Jahr war Yanis Varoufakis 2015 Finanzminister. Die Eurokrise seines Landes machte ihn berühmt.
Wenn er in Brüssel auftritt, dann ist Yanis Varoufakis so, wie man ihn aus dem Jahr 2015 kennt: schlagfertig, provokant, politisch links. Neu ist, dass er nun einen Anstecker in Form einer roten Schwalbe am Revers trägt. Sie ist das Symbol der Partei, die der 58Jährige gegründet hat. Und mit der er bei den Europawahlen Ende Mai zurückwill auf die große politische Bühne, auf der er vor vier Jahren bekannt wurde.
Damals, auf dem Höhepunkt der griechischen Schuldenkrise, war der Wirtschaftswissenschafter Finanzminister in der Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras. Varoufakis wollte einen Schuldenschnitt Griechenlands erreichen. Legendär sind seine Auseinandersetzungen mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Nach nur 162 Tagen trat er zurück, als Tsipras die Bedingungen zur Rettung Griechenlands im Euroraum akzeptierte. Doch die kurze Zeit hatte gereicht, um den ehemaligen Universitätsprofessor zu einer Galionsfigur der Linken werden zu lassen.
Jetzt ist Varoufakis wieder da. An einem Tag sitzt er bei Anne Will im TV-Studio an der Seite Manfred Webers, des Spitzenkandidaten der Konservativen bei der EU-Wahl und möglichen nächsten EU-Kommissionspräsidenten. An einem anderen diskutiert er in der Brüsseler Denkfabrik Bruegel über seine Vorstellungen mit einem Journalisten der „Financial Times“. Dann wieder präsentiert er sein Programm im Brüsseler Kulturpalast Bozar – unterstützt von Ex„Baywatch“-Star Pamela Anderson als „Botschafterin“. Es ist viel Aufmerksamkeit, die dem Kandidaten einer Gruppierung, die noch kaum jemand kennt, da zuteilwird. Varoufakis tritt in Deutschland als Spitzenmann der Partei „Demokratie in Europa“für die EU-Wahl Ende Mai an. Das ist der deutsche Ableger der von ihm gegründeten europäischen Bewegung DiEM25 (Democracy in Europe Movement 2025), die mittlerweile in elf europäischen Ländern aktiv ist. Zwar sind zur EU-Wahl keine europaweiten Listen zugelassen. EU-Bürger können aber in einem anderen als ihrem Heimatland kandidieren, sofern sie dort einen Wohnsitz haben. Das macht sich Varoufakis zunutze.
Warum er sich ausgerechnet Deutschland als Sprungbrett ins EU-Parlament ausgesucht hat? Wohl auch deshalb, weil Deutschland keine Sperrklausel für den Einzug ins EU-Parlament kennt. 2014 reichten dort 0,51 Prozent der Stimmen für ein Mandat.
Varoufakis’ Programm ist gleichermaßen links wie grün. Wäre er Kommissionspräsident, so antwortet er auf eine entsprechende Frage, würde er massiv in grüne Jobs und nachhaltige Technologien investieren. Dazu seien 500 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich nötig, die er über Anleihen der Europäischen Investitionsbank aufbringen will. Weiters plädiert er für kräftige Erhöhungen der Steuern auf Diesel und andere fossile Brennstoffe. Wobei dies unterm Strich nicht die Armen belasten dürfe.
Unter Anspielung auf die Proteste der Gelbwesten in Frankreich, die sich an der Erhöhung der Benzinpreise entzündet hatten, versichert er: „Wir glauben an neutrale Steuern.“In dem Maße, wie etwa die Steuern auf Treibstoffe stiegen, müssten andere Steuern für den kleinen Mann gesenkt werden, „sodass die Leute das Gefühl haben, Europa tut etwas für sie“.
„Wir glauben an neutrale Steuern.“Yanis Varoufakis, EU-Kandidat