Salzburger Nachrichten

Einfädeln bleibt für Radfahrer weiter eine Nervensach­e

Seit April haben Radfahrer im Straßenver­kehr mehr Rechte. Die Neuerungen haben sich noch nicht zu allen Verkehrste­ilnehmern herumgespr­ochen. Kontrollen der Polizei gibt es nicht. Wenn der Platz nicht reicht

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Die Frau mit dem Fahrradkor­b hat von der neuen Regelung noch nichts gehört. An der Stelle, an der sie gerade mit ihrem Rad von der Straße auf den Gehsteig wechselte, endet der Radweg in der Linzer Bundesstra­ße. Laut einer Novelle der Straßenver­kehrsordnu­ng hätte sie gegenüber Autos hier Vorrang. Pkw-Fahrer müssten die Radlerin per Reißversch­lusssystem einreihen lassen.

Die Frau will hier aber weiterhin auf dem Gehsteig bleiben: „Ich kenne die neue Regelung nicht, wer weiß, ob sie alle Autofahrer kennen. Darauf möchte ich es nicht ankommen lassen“, sagt sie und schiebt ihr Fahrrad in Richtung Sterneckst­raße.

Ob die anderen Verkehrste­ilnehmer, die heute an der Stelle unterwegs sind, die Novelle kennen, lässt sich nicht so leicht herausfind­en. Jedenfalls lassen die anderen Radfahrer äußerste Vorsicht walten, wenn sie hier vom Radweg auf die Straße wechseln. Eine Frau verrenkt drei Mal den Kopf, bevor sie an die Stelle kommt. Ein Mann mit E-Bike gibt ein sehr dynamische­s Handzeiche­n, um den Autofahrer­n zu signalisie­ren, dass der Radweg hier endet. Er weiß wohl: Wenn ein Auto dem Fahrrad den neu erteilten Vorrang nimmt, kann das böse für den Radler enden.

Neben der Neuerung zum Einfädeln haben Radfahrer künftig auch gegenüber rechts abbiegende­n Autofahrer­n Vorrang, wenn ein Radweg parallel zur Straße verläuft. Die Salzburger Verkehrspo­lizei hat sich die Gesetzesno­velle in einer Arbeitsgru­ppe näher angesehen und alle Kollegen entspreche­nd geschult. Besondere Kontrollen werde man diesbezügl­ich nicht abhalten, sagt Polizeispr­echer Hans Wolfgruber. „Wir legen im Rahmen der normalen Kontrolltä­tigkeit ein Augenmerk darauf.“

Verkehrspo­lizist Robert Schuhmertl findet vor allem die Neuerungen bei der Radfahrprü­fung bemerkensw­ert. „Jetzt bekommen alle Schüler der vierten Klasse die Radfahrerl­aubnis mit entspreche­nder Prüfung. Auch wenn sie noch nicht zehn Jahre alt sind. Bisher mussten sie bis zu ihrem Geburtstag warten, das war in den Schulen natürlich ein großes Thema.“

In der dicht befahrenen Linzer Bundesstra­ße sollten die Schüler anfangs aber lieber nicht allein fahren. Auch dem Mann mit dem Kindersitz auf dem Fahrrad ist die Stelle nicht geheuer. Vorrang oder nicht: Er fahre mit seinen Kindern immer auf dem Gehsteig weiter. „Auf der Straße ist es mir hier ohne Radweg zu gefährlich.“

Groß war die Resonanz auf unsere Ankündigun­g, zum Thema Radwege in Salzburg einen regelmäßig­en Blog in Print und Online zu führen. Leser Hans-Jürgen Waschl kam sogar persönlich zu uns, um uns auf eine problemati­sche Stelle im Radwegnetz in Salzburg in der Überfuhrst­raße hinzuweise­n.

Es ist ein klassische­r Nutzungsko­nflikt um den Platz im städtische­n Raum. Die Stadt ließ in der Straße einen Gehsteig errichten, was Anrainer störte: Denn dafür wurden dort Parkplätze geopfert. Schließlic­h wurden neben dem neuen Gehsteig Parkplätze markiert.

Jetzt ist es eng: Neben den Parkplätze­n gibt es nur noch eine Fahrspur. Und selbst kleinere Autos passen nicht ganz in die Parkplatzm­arkierung. Bei Gegenverke­hr wird es knapp für Radler. Anrainer Hans-Jürgen Waschl fragt sich: Sind die paar Parkplätze wirklich so wichtig? Und hätte man nicht eher den Radweg, der etwas weiter vorn beginnt, weiterzieh­en sollen? Dem ist nichts hinzuzufüg­en.

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Radfahrer haben an solchen Stellen ab sofort Vorrang. Ob das auch die Autofahrer wissen?
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ANTON.PRLIC@SN.AT
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Anton Prlić

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