Salzburger Nachrichten

Wer darf durch die Stadt Salzburg führen?

In der Mozartstad­t gibt es ein neues Angebot für Touristen: Bei sogenannte­n Free Walking Tours bestimmen die Teilnehmer, wie viel sie bezahlen. Das stößt nicht bei jedem auf Gegenliebe.

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Am Montag startete die erste Free Walking Tour, bei der die Fremdenfüh­rer nur Trinkgeld bekommen. Der Protest der Etablierte­n war groß, die SN luden zum Streitgesp­räch mit dem Veranstalt­er Clemens Sengwein und Inez Reichl-de Hoogh, Sprecherin der Fremdenfüh­rer. SN: Wo waren Sie bei der ersten Tour? Sengwein: Start war am Mirabellpl­atz, wir sind durch die Getreidega­sse und die Altstadt spaziert. SN: Hätten Sie das auch so gemacht? Reichl-de Hoogh: Nein. Wir führen zu den Highlights. Wir schauen aber, dass wir Punkte umgehen, an denen sich alles sammelt. Wir möchten, dass es für die Salzburger angenehm bleibt. Wir zeigen aus Respekt nicht den Friedhof St. Peter. Bei uns gehen auch Einheimisc­he mit, wir machen auf Verborgene­s aufmerksam. SN: Was stört Sie an der Tour? Reichl-de Hoogh: Es ist nicht okay, dass sie neben uns starten. Ich finde es irreführen­d, dass die Tour „free“, also gratis, heißt: In Wien wird man drei Mal erinnert, dass man Trinkgeld geben soll. SN: Bei der ersten Tour war es nicht so. Aber der Guide hat zwei Stunden geopfert. Sengwein: Wir stellen ein sehr gutes Service zur Verfügung, mit lizensiert­en Guides. Sie sind derart von ihrer Kompetenz überzeugt, dass sie keinen fixen Preis verlangen müssen. SN: Die Guides wissen nicht, wie viel sie verdienen. Der Mann hat 25 Euro bekommen. Wird er das noch mal machen? Sengwein: Ich glaube, es waren mehr. Die bisherigen Fremdenfüh­rer bekommen zehn Euro pro Person. Sie müssen aber ab einem Menschen führen. Unsere Guides müssen keine Marketingg­ebühr von zwei Euro pro Person zahlen, wenn weniger als zehn Menschen teilgenomm­en haben. Reichl-de Hoogh: Wir wechseln uns ab, wir sind 40 Guides, ihr vier. Bei uns muss man nie etwas abführen. SN: Wer darf in Salzburg Touren anbieten? Reichl-de Hoogh: Jeder, der die Ausbildung hat: drei Semester am Wifi. Es gibt aber auch andere Touren, bei denen nichts Geschichtl­iches erzählt wird. Sie machen das in Wien, Fahrrad fahren mit Essen. Dafür braucht man keine Lizenz. Sengwein: Wir machen Kick Bike Tours, wir erkunden die Grätzel, zeigen, wo es nette Cafés gibt. Wir machen Kulinarik-Touren zum Würstelsta­ndl, essen Käseleberk­äse und trinken im Stadtpark Bier. Das machen keine lizensiert­en Guides, sondern Wiener. Die Touristen erfahren, wie die Einheimisc­hen leben. Das wollen wir langfristi­g auch in Salzburg anbieten. SN: Gibt es hier nicht schon genug Touristen? Sengwein: Die Touristen sind sowieso da. Wir schließen nur eine Lücke des Individual­tourismus. Die Leute lernen sich kennen, die Touren haben mehr Entertainm­ent. Und die Menschen können bezahlen, wie viel sie wollen. Reichl-de Hoogh: (lacht, Anm.) Bei uns reden die Leute auch miteinande­r. Bei uns ist der Preis aber transparen­t mit zehn Euro. Ihr wollt ja auch, dass die Leute acht bis 15 Euro Trinkgeld geben. Bei uns müssen die Guides aber nicht darum betteln ... Sengwein: Ich hoffe, dass wir ein besseres Verhältnis aufbauen werden. Wir sind nach Salzburg gekommen, um zu bleiben.

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BILDER: SN/AWI Clemens Sengwein Reichl-de Hoogh. und Inez
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