„Ein Menschenrecht, keine Handelsware“
Wohnen soll erschwinglich werden, fordert eine Europäische Bürgerinitiative.
WIEN. Karin Zauner-Lohmeyer werkt in Wien für ein stadtnahes Unternehmen im Wohnbaubereich. Und hat in dieser Eigenschaft die Erfahrung gemacht, „dass die Wohnsituation in vielen Städten Europas dramatisch ist“. Für breite Schichten sei das Wohnen unerschwinglich geworden, „und es ist kein Ende dieser Entwicklung in Sicht“, sagt die Wohnexpertin. Was tun?
Im Vorjahr organisierte Zauner-Lohmeyer im Rahmen der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft eine internationale Konferenz mit dem Titel: „Housing for all“, also „Wohnraum für alle“. „Diese Konferenz war restlos überbucht. Es waren 36 Nationen vertreten. Wir fragten uns: Was kann das Ziel dieser Konferenz sein – außer die zigste Deklaration, die niemandem weiterhilft?“, erzählt die Wohnexpertin rückblickend. Daher schritt man zur Tat. Besagte Konferenz war der Startschuss für die Europäische Bürgerinitiative „Housing for all“, die ab sofort bis 18. März 2020 europaweit Unterschriften sammeln will. Denn die Wohnungsnot habe politische Ursachen. Die Niedrigzinspolitik führe dazu, dass Wohnungen begehrte Objekte für Investoren geworden seien, „die Menschen bleiben auf der Strecke“. Die Wohnkosten explodierten, es mangle „dramatisch an Wohnraum – und Großinvestoren kaufen ganze Stadtteile auf“, um mit deren Entwicklung „Kohle zu machen“. Zauner-Lohmeyer: „Hier stehen Finanzierungsinstrumente im Mittelpunkt, nicht die Menschen, die dort wohnen.“Wie will die Initiative Abhilfe schaffen? Folgende Punkte finden sich auf der Forderungsliste: – Öffentliche Investitionen in den Wohnbau sollten nicht auf die Maastricht-Schuldenkriterien angerechnet werden. – Die EU sollte Gelder für „gemeinnützige und nachhaltige Wohnbauträger“zur Verfügung stellen. – Der Zugang „zu leistbarem und sozialem Wohnbau“solle generell erleichtert werden.
Die Initiative wurde von Bürgern aus Österreich, Spanien, Deutschland, Schweden, Zypern, Portugal, Kroatien organisiert. Werden mehr als eine Million Unterschriften gesammelt, müssen sich EU-Kommission und -Parlament damit beschäftigen. „Wohnen ist ein Menschenrecht, keine Handelsware“, heißt es auf der Homepage der Initiative.
„Wohnungsnot hat politische Ursachen.“Karin Zauner-Lohmeyer, Wohn-Aktivistin