Des „Führers“
Schwieriger Umgang mit heiklem Erbe. Das Geburtshaus Adolf Hitlers in Braunau liegt bis zum Ende eines Rechtsstreits brach. Am Obersalzberg ufern die Kosten für die Erweiterung der Dokumentation aus. Und in Nürnberg ist der Erhalt von NS-Bauten nicht unum
Abriss, Büros für eine öffentliche Dienststelle – oder eine Geburtenstation? Seit acht Jahren steht jenes Haus in Braunau leer, in dem Adolf Hitler am 20. April 1889 zur Welt kam. Vorschläge für die Verwendung gab es seither zuhauf. Nachdem die Lebenshilfe 2011 ausgezogen war, kam keine Einigung zwischen dem Mieter, dem Innenministerium, und der Eigentümerin über die weitere Nutzung des Gebäudes in der Salzburger Vorstadt Nr. 15 zustande. Die Frau wurde letztlich per Gesetz enteignet. Der nachfolgende Streit über Rechtmäßigkeit und Entschädigungshöhe beschäftigt nach wie vor die Gerichte. Das Innenministerium will mit der Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs für eine „tief greifende architektonische Umgestaltung“abwarten, bis der Rechtsstreit zu Ende ist. „Es werden die meisten froh sein, wenn das endlich vorbei ist. Die Leute haben genug“, meint Florian Kotanko. Er ist Obmann des Braunauer Vereins für Zeitgeschichte. Dass die Republik abwarte, bis der Streit ausjudiziert sei, halte er dennoch für „vernünftig“. Ratlosigkeit lässt Kotanko aber durchklingen, wie die geplante „Umgestaltung“aussehen soll. Für ihn steht aber ohnehin fest: „Das Faktum bringt man nicht weg. Ganz egal, ob man das Haus abreißt oder stehen lässt.“
Die Frage, wie mit Schauplätzen aus Hitlers Leben und des NS-Regimes umgegangen werden soll, ist auch 74 Jahre nach dem Tod des Diktators nicht so einfach zu beantworten. Dass das Thema bis heute relevant ist, belegen zahlreiche Berichte der vergangenen Jahre über teils bedenkliche Sightseeingtouren zu Orten mit problematischer Vergangenheit. So sorgte eine Reisegruppe aus England für Empörung, die für viel Geld Schauplätze in München, Nürnberg und Berlin besuchte. Und in Braunau erregten Neonazis aus Ungarn Aufmerksamkeit, die vor Hitlers Geburtshaus haltmachten.
Aus diesem Grund müsse dem Gebäude die Authentizität genommen werden, damit es nicht mehr als „Fotokulisse für Neonazis“missbraucht werden könne, sagt Oliver Rathkolb. Der Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte an der Universität Wien war Teil jener Kommission, die die Empfehlung für den Umbau des Hauses in Braunau abgegeben hatte. Nur mit einer Umgestaltung könne mit dem Mythos der Geburt gebrochen werden, sagt er.
Müssten dann nicht alle Nazi-Relikte geschliffen oder zumindest umgestaltet werden? Rathkolb verneint. „Man muss die Dinge kontextualisieren. Das macht man in Deutschland zunehmend professionell, wie zum Beispiel mit dem neuen NS-Dokumentationszentrum in München.“Dort hat vor vier Jahren der Neubau auf dem Gelände des ehemaligen „Braunen Hauses“eröffnet, der früheren NSDAP-Zentrale. Das Areal, bei dem es sich im Gegensatz zum Geburtshaus um einen Täterort handelt, habe eine „neue Bestimmung als offener und lebendiger Ort der Information und Diskussion“bekommen, beschreibt sich die Einrichtung selbst.
Der früheren „Hauptstadt der Bewegung“wurde im NS-Regime besondere Bedeutung zugemessen. Ausgehend vom heute nicht mehr existierenden Bürgerbräukeller unternahm Hitler 1923 mit seinen Anhängern einen erfolglosen Putschversuch – ein zentrales Ereignis für die Propaganda der NSDAP. Anfang der 2000er-Jahre fasste die Stadt München schließlich einen Grundsatzbeschluss, ein Erinnerungsprojekt im früheren Parteiviertel umsetzen zu wollen.
An einem noch symbolträchtigeren Täterort, im ehemaligen „Führersperrgebiet“in Berchtesgaden, wird aktuell die Dokumentation Obersalzberg ausgebaut. Denn: Bei der Eröffnung des Erinnerungsorts 1999 für bis zu 40.000 Besucher konzipiert, sind es in den vergangenen Jahren um die 170.000 gewesen. Zuletzt sorgte eine Kostenexplosion für Schlagzeilen: Kalkuliert wurde das Projekt zunächst für 14 Millionen Euro, mittlerweile gehen die Verantwortlichen von 30 Millionen aus. Der geplante Eröffnungstermin des Zubaus im Sommer nächsten Jahres ist vom Tisch. „Es ist momentan absehbar, dass wir 2020 nicht mehr eröffnen werden“, sagt Sven Keller vom Institut für Zeitgeschichte München-Berlin, der die Dokumentation leitet.
Vom früheren Berghof, der sich wenige Hundert Meter entfernt befindet, ist heute nur noch eine Hangstützmauer sichtbar. Hitler ließ das Anwesen auf dem Obersalzberg, auf dem er bereits seit 1923 sein Feriendomizil hatte, bis 1936 zu einem zweiten Regierungssitz neben Berlin ausbauen. Hier fällte der Diktator politische Entscheidungen, auch über den Holocaust, und empfing Staatsgäste. 1945 wurden die Gebäude in dem Gebiet bei einem Bombenangriff großteils zerstört. Die Ruine des Berghofs wurde 1952 gesprengt. „Man war bemüht, diesen Ort möglichst schnell aus der Landschaft verschwinden zu lassen“, sagt Keller. Ein ausgeprägter Tourismus habe sich dennoch gleich nach Kriegsende entwickelt. Nach dem endgültigen Abzug der alliierten Besat