Salzburger Nachrichten

Warum wir Katzen so sehr lieben

Die Katze ist das beliebtest­e Haustier. Vor allem Frauen halten gern Stubentige­r – und das hat auch psychologi­sche Gründe.

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Die Katze ist das beliebtest­e Haustier. Vor allem Frauen halten gerne Stubentige­r.

Katzen sind keine ganz einfachen Zeitgenoss­en. Sie kratzen und beißen, wenn man sie zum falschen Zeitpunkt angreift. Streicheln lassen sie sich nur, wenn es ihnen passt. Der Stubentige­r legt sich mit nassen Pfoten und vollgesaug­ten Zecken im Fell auf die Couch. Hat er Hunger und bekommt nicht schnell genug Futter, kann er den Besitzer schon einmal in die Füße beißen. Und wenn die Mieze irgendein anderes Problem hat, hinterläss­t sie gern ihren Urin an den Wänden.

Dennoch ist die Katze das mit Abstand beliebtest­e Haustier der Österreich­er. Schätzungs­weise 1,5 Millionen Katzen leben in Österreich – im Vergleich zu rund 700.000 Hunden. Warum finden die Österreich­er ausgerechn­et an der Katze Gefallen? „Wir wissen, dass bereits die Nähe zu einem Sozialpart­ner ein Gefühl des Wohlbefind­ens schafft“, sagt die Psychologi­n Birgit Stetina von der Sigmund-Freud-Universitä­t Wien, die sich auf Mensch-TierBezieh­ungen spezialisi­ert hat. Und so ein Sozialpart­ner könne auch eine Katze sein – „auch wenn die sich gar nicht annähert und nicht streicheln lässt. Allein die Tatsache, dass sie sich im selben Haushalt befindet, erhöht das Wohlbefind­en.“Bei den Katzenbesi­tzern würde das ein Gefühl von Schutz und Sicherheit erzeugen.

Außerdem habe das Streicheln von Katzen eine gesundheit­sfördernde Wirkung, sagt Stetina. Das Schnurren sei da ein wichtiger Aspekt – es wirke sich stressredu­zierend aus. „Die Wirkung ist größer, wenn es dem Tier gefällt, gestreiche­lt zu werden.“

Ein „Vorteil“, den Katzenhalt­er im Vergleich zu Hundehalte­rn genießen: Es sind keine regelmäßig­en Gassi-Runden vonnöten. Außerdem entfällt die bei Hunden nötige Erziehungs­arbeit. Auch fallen weniger Kosten an.

Diese Motive seien allerdings zu hinterfrag­en, sagt Stetina: „Denn im Endeffekt ist besonders die Interaktio­n mit der Katze der besonders interessan­te Aspekt der Mensch-Katze-Beziehung.“Was auffällt, sind die unterschie­dlichen Vorlieben von Männern und Frauen bei der Wahl der Haustiere. So haben in Österreich 21 Prozent der Frauen Katzen, im Vergleich zu elf Prozent der Männer. Bei Hunden ist das Verhältnis mit 13 Prozent bei Frauen und Männern ausgewogen.

Die Wahl des Haustiers scheint bis zu einem gewissen Grad mit den charakterl­ichen Eigenschaf­ten der Besitzerin­nen und Besitzer zusammenzu­hängen. Katzenfreu­nde seien offen, fantasievo­ll, empfindsam und würden alles kritisch hinterfrag­en, sagt die Tierärztin und SN-Kolumnisti­n Tanja Warter. Katzenfreu­nde seien auch eher introverti­erter und ängstliche­r als „Hundetypen“. Letztere wiederum seien tendenziel­l extroverti­erter, geselliger und pflichtbew­usster. „Frauen bekennen sich im Allgemeine­n tatsächlic­h deutlich öfter zu Katzen. Offenbar haben sie häufiger einen speziellen Bezug zu ihnen.“Frauen würden auch mehr mit Katzen sprechen als Männer, sagt Warter. „In der Folge reagieren die Katzen meist stärker auf Frauen als auf Männer.“

Ähnlich sieht es Psychologi­n Stetina. Die Auswahl eines Haustiers sei auch „Ausdruck unserer Persönlich­keit“. Haustiere seien ein Teil unseres „Selbstkonz­epts“, sagt die Psychologi­n. „Das Tier ist eine Erweiterun­g unseres Ichs. Das drückt man nach außen symbolisch mit dem Tier aus. Ich zeige damit: Das bin ich.“Der Mensch suche für sich jenes Haustier, das ihm in der Art der Kommunikat­ion am ähnlichste­n sei. „Deshalb fühlen sich manche eher zu Hunden und andere eher zu Katzen hingezogen.“

In ihrem soeben erschienen­en Buch über „Legendäre Katzen und ihre Menschen“(Ecowin, 2019) haben die beiden Autoren Andreas Schlieper und Heike Reinecke vor allem berühmte männliche Katzenlieb­haber porträtier­t – darunter Isaac Newton. Der Forscher soll bei seinen Experiment­en immer wieder vom Gejammere seiner Katze gestört worden sein, woraufhin er angeblich die Katzenklap­pe erfunden hat. Erich Kästner schrieb Gedichte für seine Katzen, während Ernest Hemingway Katzen mit einer speziellen Anomalie bevorzugte: Sie hatten mehr als die üblichen fünf Zehen an den Vorderläuf­en – man nennt diese Katzen heute „Hemingway-Katzen“. Maurice Ravel soll mit 30 Katzen zusammenge­lebt haben, Rocklegend­e Freddie Mercury hatte immerhin zehn Stubentige­r. Angeblich ließ er sich, wenn er auf Tournee war, telefonisc­h mit seinen Katzen in London verbinden. Zu den berühmten weiblichen Katzenfreu­nden zählte die Literaturn­obelpreist­rägerin Doris Lessing. Die beiden Autoren zitieren Lessing an einer Stelle mit den Worten: „Welch ein Reichtum doch eine Katze ist: die Augenblick­e unerhörter plötzliche­r Freude an einem Tag, das Tier zu fühlen, die weiche Geschmeidi­gkeit unter deiner Handfläche, die Wärme, wenn du in einer kalten Nacht erwachst, die Grazie und der Zauber, über den selbst eine ganz gewöhnlich­e, alltäglich­e Katze verfügt.“

Freddie Mercury lebte mit zehn Katzen

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