Autofahrer gegen Radfahrer gegen Fußgänger. Oder?
Fast nirgends offenbart sich die wachsende Aggression in der Gesellschaft so deutlich wie auf der Straße. Das hat gute Gründe.
Der Ton wird rauer. Nicht nur auf Facebook. Auch im Straßenverkehr. Autolenker gegen Radfahrer gegen Fußgänger – das ist zum alltäglichen Problem geworden. Mit wachsender Aggression ziehen Verkehrsteilnehmer übereinander her. Und es bleibt nicht immer bei hässlichen Gesten oder verbalen Ausfällen. Zuletzt verpasste ein Motorradfahrer in Salzburg einem Autolenker einen Faustschlag. Eine traurige, ja beängstigende Entwicklung, speziell wenn man sich vor Augen führt, dass immer mehr Unfälle durch das aggressive Verhalten überhaupt erst ausgelöst werden.
Die wachsende Aggression auf der Straße ist nicht nur dem Umstand geschuldet, dass die Menschen immer gereizter, egoistischer und uneinsichtiger werden. Sie ist auch eine Folge teils haarsträubender Umstände. Auf immer engerem Raum tummeln sich immer mehr Autos, Radfahrer und Fußgänger – und geraten dabei beinahe zwangsläufig in Konfliktsituationen. Viele Straßensysteme sind auf die Anforderung einer neuen Mobilität schlecht bis gar nicht vorbereitet. Und bis heute sind die Planungen viel zu stark auf das Auto konzentriert. Beispiele kennt vermutlich jeder von uns: Da finden Radwege ein jähes Ende oder münden in verantwortungsloser Weise plötzlich wieder in eine viel befahrene Straße. Da werden Radfahrer und Fußgänger auf engstem Raum zusammengepfercht, weil auf der Straße leider kein Platz ist. Da wird ein Kreisverkehr nach dem anderen errichtet, aber nirgends ein Streifen für die Radfahrer vorgesehen. Die Stadt Salzburg baute jüngst sogar eine teure neue Brücke, um nach der Freigabe festzustellen, dass für die Radfahrer leider wieder zu wenig Platz vorhanden ist. Kurzum: Unzureichende Verkehrsplanung produziert bis heute viele fragwürdige, ja gefährliche Situationen. Dass immer mehr Menschen dabei die Nerven verlieren, ist längst Teil des Systems. Dass jeder Einzelne gerade deshalb gefordert ist, mehr Eigenverantwortung, Rücksichtnahme und Vorsicht walten zu lassen, sei an dieser Stelle ausdrücklich betont.
Es braucht aber auch ein radikales Umdenken in den Stabsstellen von Städten und Ballungszentren. Die Planung öffentlicher Räume und unterschiedlicher Verkehrswege muss am Beginn von Bauprojekten stehen – und nicht an deren Ende. Und Straßensanierungen können nicht immer mit fragwürdigen Kompromissen oder einem Vorrang fürs Auto enden. Andernfalls drohen die Städte irgendwann im Stau zu versinken. Und das zivilisierte Nebeneinander der Verkehrsteilnehmer bleibt vollends auf der Strecke.