Größtes muslimisches Land der Welt wählt zum vierten Mal
Auch in der Vielvölkernation Indonesien sind konservative islamische Gruppen auf dem Vormarsch.
Die Moschee geht unter. Seit erst ein Erdbeben und dann ein Tsunami die Stadt Palu in Sulawesi heimsuchten, versinkt das Gebäude Tag für Tag ein paar Millimeter mehr im Wasser. Rund 4000 Menschen starben bei der Katastrophe vergangenen September. Viele der knapp 200.000 Bewohner leben immer noch in Notunterkünften. Die Unterstützung von umgerechnet 70 Cent täglich pro Familie, die Indonesiens Präsident Joko Widodo versprochen hatte, wurde bisher in keinem einzigen Fall ausbezahlt.
Während zwei Drittel aller Indonesier in der drittgrößten Demokratie der Welt laut einer Umfrage des amerikanischen Pew-Instituts voll Zuversicht in die Zukunft schauen, herrscht in Palu Hoffnungslosigkeit. „Es ist, als wären wir vergessen“, sagt Yusrin Banna, der vor einem Monat lokale Proteste organisierte. „Hier wird niemand mehr Jokowi wählen.“
Am Mittwoch, 17. April, tritt Jokowi, wie Joko Widodo (57) genannt wird, zur Wiederwahl an. Wie schon 2014 ist sein Gegner Ex-General Prabowo Subianto (63) aus dem Clan des früheren Diktators Suharto. Widodo führt in Meinungsumfragen deutlich. Aber niemand wagt es, ihnen zu vertrauen. In Palu, wie ganz Sulawesi vor fünf Jahren eine Hochburg von Widodos Partei PDI-P, dürften beim kommenden Urnengang viele weiße Flecken auftauchen. Das hat mit „Golput“zu tun, der „Weißen Gruppe“. Deren Anhänger rufen dazu auf, einen leeren Stimmzettel abzugeben. Golput könnte eine Rolle spielen, wenn ausfällt. 190 Millionen Menschen sind wahlberechtigt. Das größte muslimische Land der Welt mit seinen mehr als 17.000 Inseln wählt erst zum vierten Mal seit Ende der Suharto-Diktatur. das Rennen knapp Viele Golput-Anhänger zählen zu Minderheiten: Christen etwa oder ethnische Chinesen. Die Verschlechterung der Menschenrechtslage und der wachsende Einfluss stramm konservativer islamischer Gruppen geben den Weißwählern Aufschwung. Präsident Widodo holte einen konservativen islamischen Kleriker als Vizepräsidentschaftskandidaten an Bord. Ma’ruf Amin Pilpres (76) kommt aus der islamischen Organisation Nahdlatul Ulama. Er führte die auf 90 Millionen Anhänger geschätzte größte islamische Organisation sogar. Der Pakt mit Pilpres soll Jokowi vor politischen Attacken aus dem Umfeld islamistischer Gruppen bewahren.
Sein Gegenspieler Prabowo, ein Vertreter der Hauptstadt-Elite, präsentiert sich als Nationalist ohne Berührungsängste. „Wer uns unterstützen will, ist willkommen“, sagt sein Pressesprecher. Prabowo rief dazu auf, am Wahltag erst die Moscheen zu besuchen – und dann zu den Wahllokalen zu ziehen, um sie zu „bewachen“.