Breite Front gegen Kickls 1,50-Euro-Jobs
Die Bundesländer fürchten, dass dadurch ein funktionierendes System zerstört wird.
Dass Asylbewerber künftig für gemeinnützige Arbeiten nur noch 1,50 Euro statt wie derzeit drei bis fünf Euro bekommen sollen, führt zu breitem Widerspruch in den Ländern. Alle Bundesländer außer Niederösterreich üben Kritik an der Verordnung von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), deren Begutachtungsfrist am Montag endet.
Die Argumentation der für das Asylwesen zuständigen Landesrätinnen und Landesräte ist zwischen Boden- und Neusiedler See die gleiche, egal ob ihre politische Heimat die SPÖ, die ÖVP oder die Grünen sind. Der Anerkennungsbeitrag von drei bis fünf Euro pro Stunde – die Werte gelten übrigens seit 15 Jahren – sei ein angemessener Anreiz für Asylbewerber, sich gemeinnützig zu betätigen. Die gemeinnützige Arbeit diene der Integration während der Wartezeit auf den Asylbescheid, erleichtere das Deutschlernen und wirke im Idealfall auch als Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt. In allen Bundesländern habe man mit diesem Modell gute Erfahrungen gemacht, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme der acht Länder. Nun wird gefürchtet, dass mit der Kürzung des Anerkennungsbeitrags auf 1,50 Euro das funktionierende System zerstört werde. Dem schloss sich der Städtebund an.
Österreichweit sind laufend Hunderte Asylbewerber gemeinnützig tätig und bessern sich so ihr Taschengeld in der Grundversorgung auf, in Wien arbeiten derzeit 400 Asylsuchende im Auftrag der Stadt. Insgesamt sind aktuell 39.000 Asylbewerber in der Grundversorgung.
WIEN. Aus den Ländern kommt entschiedener Widerspruch zum Plan von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), den Anerkennungsbeitrag für die freiwillige gemeinnützige Arbeit von Asylbewerbern auf 1,50 Euro pro Stunde zu kürzen. Derzeit werden drei bis fünf Euro pro Stunde bezahlt. Am Montag endet die Begutachtungsfrist für Kickls Verordnung.
Die Landesflüchtlingsreferenten aller Bundesländer mit Ausnahme von Niederösterreich haben eine gemeinsame Stellungnahme verfasst, in der sie die Kürzung ablehnen. Zwischen Boden- und Neusiedler See wird argumentiert, dass dadurch ein funktionierendes System kaputt gemacht werde. Man habe in den Gemeinden und Ländern gute Erfahrungen mit dem Modell gemacht, das der Integration und der Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt diene. Wiens Stadtrat Peter Hacker (SPÖ): „Die Bundesregierung streicht Mittel für die Deutschkurse und zerstört Anreize für gemeinnützige Tätigkeit, gleichzeitig beklagt sie die Zahl der Asylberechtigten in der Mindestsicherung. Das entbehrt jeder Logik.“Alle Länder plädieren dafür, das bewährte System beizubehalten. Exemplarisch der zuständige Vorarlberger Landesrat Christian Gantner (ÖVP): Die derzeit bezahlten vier Euro pro Stunde seien ein guter Anreiz für die freiwillige gemeinnützige Arbeit, bei nur noch 1,50 Euro dürfte das Interesse der Asylbewerber an diesen Tätigkeiten „vermutlich gering sein“. Auch der Städtebund ist strikt gegen die Kürzung. Das brächte für die öffentlichen Hände keine nennenswerten Einsparungen, wäre aber aus integrations- und arbeitsmarktpolitischer Sicht „kontraproduktiv“. 1,50 Euro seien ein Betrag, „für den man sich in Österreich nichts leisten kann“, erklärte der Städtebund. Damit werde den Asylbewerbern suggeriert, dass ihr Engagement nichts wert sei.
Die FPÖ wies die Kritik als „absurd“zurück. Die SPÖ forderte Kickl auf, seinen „menschenverachtenden und komplett unnötigen“Vorschlag zurückzuziehen.
Unklar ist, was passieren würde, wenn die Gemeinden und Städte – und es sind vor allem sie, die Asylbewerber beschäftigen – trotz der 1,50-Euro-Verordnung weiterhin mehr zahlen würden. Im Büro von Salzburgs Landeshauptmannstellvertreter Heinrich Schellhorn (Grüne) heißt es, da der Bund erstmals eine strikte Obergrenze für die Entschädigung gemeinnütziger Arbeit vorschreibe, gebe es noch keine Judikatur dazu. Es sei aber anzunehmen, dass sowohl die Asylbewerber, die jeden verdienten Euro melden müssten, als auch die Gemeinden Schwierigkeiten bekämen.
„Das entbehrt jeder Logik.“Peter Hacker, Sozialstadtrat in Wien (SPÖ)