Salzburger Nachrichten

Keine Entlastung für Donald Trump

Der US-Präsident tut so, als habe ihm der Sonderermi­ttler einen Persilsche­in ausgestell­t. Tatsächlic­h belastet ihn der Bericht schwer.

- William Barr, US-Justizmini­ster

WASHINGTON. US-Präsident Donald Trump zeigte sich vor den Kriegsvete­ranen im East Room des Weißen Hauses in glänzender Laune. „Ein guter Tag“sei dieser Gründonner­stag, an dem das Warten auf den Bericht von Sonderermi­ttler Robert Mueller endlich ein Ende habe. Das Ergebnis fasste er mit zwei Phrasen zusammen: „Keine Verschwöru­ng“und „Keine Justizbehi­nderung“. Diese Untersuchu­ng hätte es niemals geben dürfen. „Wir müssen den Dingen auf den Grund gehen.“

Der Präsident sieht sich als Opfer. Obwohl selbst die zensierte Fassung des Berichts, die um Punkt 11 Uhr mit einem Klick auf den „Aktualisie­rungs“-Knopf auf der Webseite des Sonderermi­ttlers auftauchte, eine andere Geschichte erzählt. Auf den 448 Seiten der Zusammenfa­ssung Muellers findet sich eine Fülle an Details, die Trump schwer belasten. Und von seinen Ängsten berichten, als der amtierende Justizmini­ster Rod Rosenstein am 17. Mai 2017 die Entscheidu­ng traf, Robert Mueller als Sonderermi­ttler in der Russland-Affäre einzusetze­n. „Oh mein Gott. Das ist schrecklic­h“, zitiert der Bericht Trumps Reaktion auf die Nachricht. „Das ist das Ende meiner Präsidents­chaft.“

So reagiert niemand, der mit sich im Reinen ist. Was erklärt, warum der Sonderermi­ttler über fast zwei Jahre Hinweisen auf eine Verschwöru­ng mit der russischen Regierung gegen Hillary Clinton nachging. Im ersten Teil des Berichts werden die Erkenntnis­se in allen Details dargelegt. Unstrittig ist demnach, dass Moskau versuchte, zu Lasten Hillary Clintons Einfluss auf den Präsidents­chaftswahl­kampf zu nehmen. Nur fünf Stunden, nachdem Trump am 27. Juli 2016 bei einer Kundgebung Russland öffentlich aufgeforde­rt hatte, die E-Mails seiner Konkurrent­in „zu finden“, machten sich Hacker des Geheimdien­stes ans Werk. Das Wahlkampft­eam habe sich von den gestohlene­n Informatio­nen „einen Vorteil bei den Wahlen“versproche­n. Zu großen Teilen geschwärzt bleibt der Teil, in dem Mueller darlegt, wie die Zusammenar­beit mit Wikileaks gelaufen ist. Die Organisati­on hatte EMails veröffentl­icht, die russische Geheimdien­stler gehackt hatten. Im Verdacht als Scharnier gedient zu haben, steht Trumps Intimus Roger Stone, der sich im November vor Gericht verantwort­en muss.

Warum Muellers Team auf eine Anklage verzichtet­e, hat mehr mit Prinzipien des Rechtsstaa­ts als mit der Sachlage zu tun. Es gebe den Rechtsbegr­iff der „Zusammenar­beit“nicht, sondern nur den der „Verschwöru­ng“, legt Mueller dar. Dafür müsste eine konkrete Vereinbaru­ng zwischen Individuen des Wahlteams und der russischen Regierung aufgezeigt werden. Die Beweise reichten dafür nicht aus.

Mit Blick auf eine Anklage wegen Justizbehi­nderung fällt der Befund Muellers vernichten­d für Trump aus. Die Ermittler seien nicht dazu in der Lage, zu dem Schluss zu gelangen, „dass kein kriminelle­s Verhalten geschehen ist“.

Ausführlic­h stellt Mueller an zehn Beispielen dar, was Trump unternahm, die Ermittlung­en zu behindern. Mehrere Male hätten Mitarbeite­r, wie der inzwischen ausgeschie­dene Justiziar Don McGahn, Anweisunge­n des Präsidente­n nicht ausgeführt, die den Tatbestand der Justizbehi­nderung erfüllt hätten. So rief Trump seinen Rechtsbeis­tand am 17. Juni 2017 privat an, um den Rauswurf Muellers zu verlangen.

Der Sonderermi­ttler überließ die Entscheidu­ng, Anklage zu erheben anderen, weil unter der bestehende­n Rechtsausl­egung gegen einen amtierende­n Präsidente­n kein reguläres Strafverfa­hren vor Gericht eingeleite­t werden könne. Dafür sieht die Verfassung das Amtsentheb­ungsverfah­ren durch den Kongress vor. Ausdrückli­ch wies Mueller aber darauf hin, dass der Kongress unter der Verfassung die Möglichkei­t habe, weitere Ermittlung­en zu übernehmen.

Vor der Teilveröff­entlichung des Berichts hatte sich Justizmini­ster William Barr erneut schützend vor den Präsidente­n gestellt. „Nach fast zwei Jahren an Untersuchu­ngen, tausenden Vorladunge­n, hunderten Durchsuchu­ngsbefehle­n und Verhören von Zeugen, hat der Sonderermi­ttler herausgefu­nden, dass die russische Regierung versucht hat, in die Präsidents­chaftswahl­en 2016 einzugreif­en“, sagte Barr. „Er hat aber nicht herausgefu­nden, dass Trumps Wahlkampft­eam oder irgendein anderer Amerikaner bei diesen Bemühungen geholfen hat.“

Die demokratis­che Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus gibt sich mit dem zensierten Bericht, den das Justizmini­sterium am späten Vormittag dem Kongress überstellt­e, nicht zufrieden.

„Keine Beweise für Absprachen mit Russland.“

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BILD: SN/AP US-Präsident Donald Trump macht sich seine eigene Realität.

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